Jean Zay (1904-1944)

Der brillante Politiker Jean Zay ist Zeuge und Opfer der Tragödien des 20. Jahrhunderts.

Seine Jugend

  • Jean Zay (1937)
    Jean Zay (1904-1944) © Wikimedia Commons

Jean Zay wurde in Orléans geboren. Sein Großvater, der jüdischer Herkunft war, hatte 1871 das Elsass verlassen und sich für Frankreich entschieden. Sein Vater, Léon Zay, ein laizistischer Jude, leitet die radikalsozialistische Lokalzeitung Le Progrès du Loiret. Seine Mutter ist Volksschullehrerin und Protestantin. Nach einem glänzenden Abschluss am Gymnasium Pothier in Orléans wird Jean Zay Journalist beim Progrès und schlägt dann als Mitglied der Anwaltskammer Orléans eine Laufbahn als Rechtsanwalt ein. 1932 heiratet er in der reformierten Kirche Madeleine Dreux.

Die Modernisierung des öffentlichen Bildungswesens

1932 wird Jean Zay zum Abgeordneten des Departements Loiret gewählt und ist mit 27 Jahren der jüngste Abgeordnete Frankreichs. Als Mitglied des linken Flügels der radikalen Partei ist er ein Befürworter der Union der Linken, er ist befreundet mit Persönlichkeiten wie Pierre Cot oder Pierre Mendès-France.

Bereits im Januar 1936 tritt er als Staatssekretär beim Präsidenten des Ministerrats in die Regierung von Albert Sarraut ein. Von Juni 1936 bis September 1939 ist er als Minister für das öffentliche Bildungswesen und die Künste das jüngste Mitglied der Regierung Léon Blum. Seine Leistungen auf dem Gebiet der Demokratisierung und Modernisierung des Schulwesens sind beachtlich. Er führt die Schulpflicht bis zum 14. Lebensjahr ein, die Einheitsschule mit Harmonisierung der Programme und Annäherung der Bildungswege. Die Klassenstärke wird auf maximal 35 Schüler begrenzt. Mit der Unterstützung von Léo Lagrange (Staatssekretär für Freizeit und Sport) wird Sportunterricht Pflicht, und es werden die ersten Pilotprojekte mit „Nachmittagen im Freien“ eingerichtet. „Ich habe versucht, dem Wunsch zu entsprechen, dass die Kinder vielleicht weniger, dabei aber auf jeden Fall besser lernen.“ („J’ai tenté de répondre au désir qui veut que les enfants apprennent peut-être moins, mais à coup sûr mieux“). (Jean Zay, 1936)

Auf dem Gebiet der Künste ist er ein Neuerer : Zusammenfassung der staatlichen Theater, Schaffung des Musée d’art moderne (Museum für moderne Kunst) und des Musée des Arts et Traditions populaires (Museum für französische Volkskunde), Politik der Leseförderung (Einrichtung der „bibliobus / fahrbare Leihbücherei„), Verteidigung des Urheberrechts, Planung eines Filmstatuts und eines Festivals in Cannes. Im wissenschaftlichen Bereich fördert er das Centre National de la Recherche Scientifique – CNRS (Nationales Zentrum für wissenschaftliche Forschung).

Stigmatisierung durch die Rechte

Als Freimaurer, Parteigänger der Union der Linken und Befürworter der Unterstützung der spanischen Republik, Gegner der Münchner Kapitulation, Protestant jüdischer Herkunft wird Jean Zay für eine gewisse Rechte zum Freiwild. Dabei ist seine Laufbahn nicht die eines revolutionären, antikapitalistischen Aktivisten. Wie der Historiker Jean Prost schreibt, „beruht für Jean Zay die Republik vor allem auf der staatsbürgerlichen Gesinnung und Intelligenz der Bürger, d.h. auf ihrer intellektuellen und moralischen Erziehung…. Im Gegensatz zum gesellschaftlichen Konservatismus, aber auch im Gegensatz zu den revolutionären Utopien, ist Politik die Bewegung, mit der die Menschheit an Tiefe gewinnt und gewissermaßen ihrer selbst würdiger wird“ („pour Jean Zay, la République repose avant tout sur le civisme et l’intelligence des citoyens c’est-à-dire sur leur éducation intellectuelle et morale… Contre la conservation sociale, mais aussi contre les utopies révolutionnaires, la politique est ce mouvement par lequel l’humanité s’approfondit et devient en quelque sorte plus digne d’elle-même „).

Ein Opfer des Vichy-Regimes

Als der Krieg erklärt wird, tritt er von seinem Ministerposten zurück und wird als Leutnant der 4. Armee zugeteilt. Am 20. Juni 1940 schifft er sich zusammen mit 27 weiteren Parlamentariern auf dem Dampfer „Massilia“ nach Marokko ein, um den Krieg in Nordafrika fortzusetzen. Er wird der Desertion angeklagt, das Vichy-Regime lässt ihn am 16. August in Rabatt verhaften, und am 4. Oktober wird er zur Deportation und militärischen Degradierung verurteilt. Vier Jahre lang sitzt er in verschiedenen Gefängnissen ein, in Clermont-Ferrand, in Marseille und schließlich im Januar 1941 im Gefängnis von Riom, wo er Souvenirs et solitude (Erinnerungen und Einsamkeit) verfasst.

Am 20. Juni 1944 wird Jean Zay bei der Verlegung in ein anderes Gefängnis von Mitgliedern der Miliz in einem Wald im Departement Allier ermordet.

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Bibliographie

  • Bücher
    • RUBY Marcel, La vie et l’œuvre de Jean Zay, Éditions Corsaire, Paris, 1994, p. 415

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