Die Bekräftigung der religiösen Neutralität des Staates wird
für die Protestanten eigentlich nicht zum Problem
Die Trennung von Kirche und Staat (9. Dezember 1905) wird von den Protestanten willkommen geheißen.Als Minderheit, die daran gewöhnt war, dem Staat zu misstrauen, und die unter dem katholischen Triumphgeschrei gelitten hat, das während der Zeit der moralischen Ordnung (1873-1876) noch sehr lautstark war, sehen einige ihrer Mitglieder wahrscheinlich mit Befriedigung, dass die katholische Kirche rechtlich so eingestuft wird wie alle anderen Verbände. Darüber hinaus gibt es seit langem eine kleine Minderheit, die bereits vom Staat unabhängig ist : die evangelischen Kirchen, die nicht vom Konkordat betroffen sind.
Es herrscht natürlich keine Einstimmigkeit : die Lutheraner sind eher dagegen, die liberalen Reformierten ebenfalls, während die orthodoxen Reformierten, die dem ‚linken Block‘ näher stehen, eher dafür, auf jeden Fall in ihr Schicksal ergeben sind. Außerdem nehmen die Kirchenvertreter nicht offiziell dazu Stellung, da die Lage schwierig ist angesichts der „Welle von aggressiver Ungläubigkeit, die über Frankreich schwappte“ (W. Monod). Die Dreyfus- Affäre, die antisemitische Kampagne, die sie begleitete, die gegen die Kongregationen verhängten Maßnahmen, die Nationalkongresse des Freidenkertums, die antiklerikalen Kampagnen ließen die Trennung wie einen Sieg der Feinde des Christentums erscheinen.
Aber insgesamt fühlen sich die Protestenten den Republikanern näher, zumal sich in den neunziger Jahren in der klerikalen und nationalen gegen Dreyfus gerichteten Presse eine antiprotestantische Kampagne entwickelt.
Um sich zu widersetzen und sich auf die Trennung vorzubereiten, schlägt eine Versammlung von orthodoxen Reformierten im Frühjahr 1895 die Einberufung einer protestantischen Versammlung vor, die im November 1896 auf eine Generalversammlung der Reformierten in Lyon herausläuft, die 1899 wiederholt wird.
Die Leiter der orthodoxen Reformierten, die gut informiert sind durch den Protestanten Eugène Réveillaud (1851-1935), einen radikalen Abgeordneten, und seinen Sohn, ein Mitglied des Kabinetts von Emile Combes, sowie durch Louis Méjean (1874-1955), einen Mitarbeiter Aristide Briands, schaffen es, die Abfassung des Gesetzes in dem Sinne zu beeinflussen, dass es nicht nur die Vereinigungen von lokalen kulturellen Verbänden, sondern auch die von nationalen erlaubt. Die Aufrechterhaltung einer nationalen Struktur, einer Synode, die dazu bestimmt ist, ungeordnete Verhältnisse zu vermeiden, ist nämlich ein Hauptanliegen der „Evangelischen“.
Das Elsass ist zu der Zeit deutsch und daher nicht von diesem Gesetz betroffen. Es wird seinen Sonderstatus bei der Wiedervereinigung beibehalten.