Die Protestanten, auch die Legitimisten, predigen die Gewissensfreiheit
Wie die meisten Franzosen sind auch die Protestanten der ständigen Kriege des Kaisers müde. Trotz der schlechten Erinnerungen, die das Ancien Régime bei ihnen hinterlassen hat, nehmen sie die Rückkehr eines Bourbonen auf den französischen Thron ohne übermäßige Befürchtungen auf. Sie nehmen an, dass die von der Revolution eingeführte egalitäre Gesetzgebung und die geistige Entwicklung sie gegen eine Rückkehr der Verfolgungen oder auch nur einer einfachen Diskriminierung schützen. Ludwig XVIII. hatte seine Beziehungen zu protestantischen Persönlichkeiten während seines langen Exils in guter Erinnerung behalten und ein Protestant, Arnail François de Jaucourt, war eines der fünf Mitglieder der nach der Kapitulation von Paris gebildeten provisorischen Regierung. Zwei Reformierte, Boissy d’Anglas und Antoine Chabaud-Latour, waren an der Abfassung der Charte von 1814 beteiligt, die die Gewissensfreiheit festschrieb und die Besoldung der Amtsträger der anerkannten Konfessionen beibehielt. Der junge Guizot wurde Generalsekretär des Innenministeriums.
Nach den Hundert Tagen machte jedoch der Weiße Terror des Jahres 1815 die Protestanten den Bourbonen gegenüber misstrauisch, denn in den protestantischen Gegenden des Departements Gard wurden zahlreichen Hugenotten Opfer eines Blutbads.
Der Weiße Terror
Der Ausdruck Weißer Terror bezeichnet die lokalen konterrevolutionären Bewegungen, die 1795 entstanden, um im Namen der Monarchie Vergeltung für die Revolution (und den Roten Terror) zu üben. Die Aufständischen begingen Gewalttaten und richten ein Blutbad unter den Personen an, denen sie vorwerfen, auf Seiten der Republik stehen.
Daran anknüpfend wurde die konterrevolutionäre, ultraroyalistische Bewegung nach der zweiten Rückkehr Ludwigs XVIII. Terreur blanche genannt. Diese Bewegung war gegen all diejenigen gerichtet, die aufgrund ihrer vorhergehenden Engagements verdächtig waren, sie könnten versuchen, gegen die Restauration zu opponieren. Zu den vermutlichen Feinden gehörten natürlich die Bonapartisten (aus der Angst, es könnte zu einem neuerlichen Zwischenspiel von „Hundert Tagen“ kommen), aber ebenso Republikaner und auch Protestanten (von denen anzunehmen war, dass sie einem Regime, das den Katholiken eine rechtliche Vorrangstellung einräumte, wenig Sympathie entgegenbrachten).
Die Eiferer, die für eine Monarchie stritten, die keine konstitutionelle, sondern eine voll in ihrer absoluten Macht restaurierte Monarchie sein sollte, schlossen sich zunächst in bewaffneten Banden zusammen, die sich hier und da spontan erhoben (vor allem im Süden Frankreichs). Sie wüteten dort mit Schrecken, Hinrichtungen ohne Gerichtsverfahren, Plünderungen protestantischer Kirchen und anderen gewaltsamen Einschüchterungsaktionen.
Der Erfolg der ultraroyalistischen Abgeordneten (Ultras) bei den Wahlen im August 1815 (sie stellten 350 der 400 Abgeordneten der Kammer, die daraufhin Chambre introuvable genannt wurde – weil es sie in ihrer Zusammensetzung kaum ein zweites Mal geben konnte) verstärkte noch diese Bewegung, die von ihrer Legalität überzeugt war. So wurden Abrechnungen (insbesondere Säuberungen in Beamtenschaft und Armee) eingeleitet, die anscheinend völlig straffrei blieben. Das immer gespannter werdende Klima ließ all diejenigen, die potenzielle Zielscheiben waren, das Schlimmste befürchten. Unter den Protestanten zeichnete sich sogar die Angst vor einer neuen Bartholomäusnacht ab.
Nach der Ermordung mehrer Marschälle des Kaiserreichs (darunter Ney, obwohl er Pair de France war), nach Gesetzesvorschlägen, die die katholische Kirche übermäßig bevorrechtigten, setzte Ludwig XVIII. – der eher Realist war – diesem Treiben ein Ende, indem er die Chambre introuvable auflöste. Nachbeben konnten jedoch nicht vermieden werden, zumindest nicht bis 1820. In Nîmes und in mehreren Dörfern der Cévennen oder des Departements Ariège hatten die Protestanten am meisten unter diesem Wiederaufbrechen von Feindschaften zu leiden, die weit in die von Verfolgungen geprägte geschichtliche Vergangenheit hineinreichten.
Die Rückkehr zur Ruhe
Zwischen Gerücht und Wirklichkeit lässt sich schwer abschätzen, wie viele Opfer der Weiße Terror gefordert hat. Auf jeden Fall führte er bei der Gesamtheit der Protestanten zu einem großen Misstrauen gegenüber der restaurierten Monarchie.
Dies sollte stark dazu beitragen, dass die Protestanten künftig als „links“ eingestuft werden. Guizot, der 1820 als Beamter aus seinem Amt entfernt wurde, dessen Vorlesungen an der Sorbonne von 1822 bis 1828 unterbrochen wurden, wird ein entschlossener Gegner. Die Protestanten, die übrigens in der Revolution von 1830 nicht besonders hervorgetreten sind, nehmen in ihrer großen Mehrheit das Ende des Regimes Karls X. mit Befriedigung auf.