François Henri Ernest Chabaud-Latour (1804-1885)

Ein Staatsmann und Soldat

  • Général François de Chabaud-Latour (1804-1885) © S.H.P.F.

François Henri Ernest Chabaud-Latour wurde in Nîmes als Sohn des Abgeordneten des Departements Gard, Antoine Chabaud-Latour, geboren. Nach seinem Studium an der Polytechnischen Hochschule wurde er Offizier bei den Pioniertruppen. Er nahm an verschiedenen Feldzügen – vor allem in Algerien – teil und wurde Ordonnanzoffizier des Herzogs von Orléans. Von 1837 bis 1848 saß er als Abgeordneter des Departements Gard in der Nationalversammlung, ging dann aber wieder zur Armee zurück, wo er 1853 zum General befördert wurde. 1870 beriet er das Festungskomitee von Paris und leitete während der preußischen Belagerung die Pioniertruppen. 1871 zog er wiederum als Abgeordneter des Gard in die Nationalversammlung ein und schloß sich den konservativen Zentrumspolitikern an. Von Juli 1874 bis März 1875 war er Innenminister im zweiten Kabinett des Präsidenten Mac-Mahon, der die « moralische Ordnung » wiederherstellen wollte ; sein Unterstaatssekretär war Cornelis de Witt, der Schwiegersohn von François Guizot. Unter den Protestanten wurden viele Stimmen laut, die diesem erzkonservativen Politiker vorwarfen, zu stark die Interessen des Klerus zu vertreten, was insofern verständlich war, als er sich gegen rein zivile Bestattungen aussprach und sogar die freie Verbreitung des Evangeliums einschränken wollte.

Ein Verteidiger des Evangelismus

François Henri Ernest Chabaud-Latour gehörte zu einer Gruppe von evangelikalen Laien, die in der Leitung der reformierten Kirche von Paris starken Einfluß ausübten. 1859 ernannte ihn die Regierung zum Mitglied des Zentralrats der reformierten Kirchen, wo er die Position der Evangelikalen vertrat. Auch war er sehr aktiv in deren verschiedenen Ausschüssen zur Abwehr des protestantischen Liberalismus. 1866 wurde er Vorsitzender der Brüderlichen Gesellschaft für Gemeindeevangelisierung im Rahmen der reformierten Kirche von Paris und trat 1868 die Nachfolge von François Delessert an der Spitze der Biblischen Gesellschaft von Frankreich an, die die Evangelikalen 1864 nach ihrer Trennung von der Protestantischen Bibelgesellschaft von Paris gegründet hatten. 1872 nahm er als Laiendelegierter der Kirche von Paris an der Generalsynode der reformierten Kirche teil.

Bibliographie

  • Bücher
    • CABANEL Patrick et ENCREVE André , Dictionnaire biographique des protestants français, de 1787 à nos jours, Editions de Paris - Max Chaleil, Paris, 2015, Tome 1 : A-C

Dazugehörige Vermerke

  • Bibelgesellschaften

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  • Die protestantische Evangelisierung

    Das 19. Jhdt. bedeutet für Frankreichs Protestanten die Zeit der Wiedereingliederung oder des Wiederaufbaus. Nach mehr als hundert Jahren Existenzverbot war alles – oder fast alles – neu aufzubauen. Das...
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