Die Ära der Pioniere (1822-1884)
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war der französische Protestantismus, im Unterschied zu den britischen und niederländischen Kirchen beispielsweise, durch nichts auf die Missionsarbeit unter den nicht-christianisierten ( heidnischen) Völkern vorbereitet. Erstens aus theologischen Gründen, denn der Calvinismus hatte diesbezüglich keine Missionspläne erarbeitet. Das Hauptziel der Reformation war die Bekehrung der katholischen Kirche in Europa, die zur Zeit der Entdeckung der Neuen Welt eine Missionsform geschaffen hatte, die auf gewaltsamer Eroberung beruhte, was von den Reformatoren missbilligt wurde. Zweitens aus soziologischen Gründen, denn nach zwei Jahrhunderten der Verfolgungen und Schikanen bildete der französische Protestantismus eine geschwächte Minderheit und verfügte nicht über die gleiche internationale Unterstützung der Regierung wie der Katholizismus.
Einzelne hugenottische Refugien hatten sich seit dem 16. Jahrhundert in Kanada, Florida und Brasilien entwickelt, doch nur mit geringem Erfolg. Nach der Aufhebung des Edikts von Nantes im 17. Jahrhundert wanderten Hugenotten, die sich in den Niederlanden angesiedelt hatten, nach Südafrika aus und gründeten das wichtigste Refuge der modernen Geschichte. Die daraus hervorgegangen Kirchen waren keine Missionskirchen, was jedoch die Bekehrung von Afrikanern, insbesondere von Mestizen, nicht ausschloss, die in Kirchen zusammengefasst wurden, die von den „weißen“ Kirchen getrennt waren, wie es das im 20. Jahrhundert als Apartheid bezeichnete System verlangte.
Außerdem verbot der französische Staat zu Beginn des 19 Jahrhunderts den protestantischen Kirchen, die vom Konkordat und den Grundlegenden Artikeln 1802 neuorganisiert worden waren, sämtliche Aktivitäten außer des Gottesdiensts im Kirchengebäude. Jede andere Tätigkeit war prinzipiell verboten oder nur geduldet. Ein letzter Grund war die Tatsache, dass die französische Marine in katholischen Händen war, und wenn der christliche Glaube zu seiner Verbreitung in der Welt den kolonialen Expeditionen zur See folgen sollte, dann musste er katholisch und französisch sein, um der gegnerischen Konkurrenz, der englischen und protestantischen, die Stirn zu bieten.
Der Ursprung der Missionsbewegung
Im 19. Jahrhundert erlebt Frankreich die “ religiöse Erweckung“, die ganz Europa erfasst. Protestantische Erweckungsbewegung und katholische Erneuerung stellen die religiöse Form der Romantik dar, mit Madame de Staël und Benjamin Constant auf protestantischer Seite und Chateaubriand auf katholischer. Die Erweckungsbewegung will die Kirchen wachrütteln, damit sie die Gute Nachricht vom Heil in Christus den Menschen auf der ganzen Welt verkünden. Britische und Schweizer Prediger durchqueren Frankreich, um in den protestantischen Kirchen die Gruppen zu unterstützen, die für die von den Missionsgesellschaften – wie der Londoner Mission (LMS) von 1795 und der Basler Mission von 1815 – in die Welt entsandten Missionare beten.
Am 4. November 1822 wird die Société des Missions Evangéliques chez des peuples non– chrétiens établie à Paris(SMEP) gegründet mit dem Ziel, „das Evangelium unter den Heiden und anderen nicht- christlichen Völkern zu verbreiten“. Ihr erstes Komitee setzt sich aus Mitgliedern unterschiedlichster religiöser und nationaler Herkunft zusammen (Reformierte, Lutheraner, Unabhängige, Franzosen, Schweizer, Amerikaner)
Am Anfang hatten die Gründer der SMEP keine Möglichkeit, Missionare in die weite Welt zu senden, weil die ehemaligen französischen Kolonien in den Antillen von der Regierung für die protestantischen Missionen gesperrt waren, da sie in ihnen versteckte britische Wirtschaftsinteressen vermutete. In den französischen Kolonien Afrikas, im Senegal und in Algerien hatte sich die Regierung den muslimischen Behörden gegenüber verpflichtet, die Verbreitung des Christentums nicht zu fördern. Daher sammeln Gruppen der Freunde der Missionen, die sich in der Provinz von 1819 an entwickelt hatten, Geld für die Basler Mission. Und was das des erste Missionshaus betrifft, das 1823 auf dem Boulevard de Montparnasse angemietet wird, so nimmt dieses Missionarsschüler aus Basel auf, die die Möglichkeiten nutzen wollen, welche die berühmte Schule für orientalische Sprachen in Paris ihnen bietet.
Die SMEP hegt jedoch nach wie vor den Wunsch, ihre eigenen Missionare auszusenden. 1829 ordiniert das Pariser Komitee auf Anraten des Hauptverwalters der Londoner Mission (LMS) in Südafrika, John Philip, die 3 ersten Missionare : Samuel Roland, Prosper Lemue und Isaac Bisseux für das Kap der Guten Hoffnung. Die Erinnerungstafel an diese Ordination befindet sich in der reformierten Kirche Sainte-Marie in Paris. Warum Südafrika ?
Philip hatte für die Verbesserung der Lebensbedingungen der Schwarzen in dieser Kolonie und für die Abschaffung der Sklaverei gekämpft, die 1834 im Zuge der Aufhebung der Sklaverei in Großbritannien verkündet wurde. Er sah darin eine Eingangspforte für die Mission, insbesondere für französische Protestanten, deren hugenottischen Vorfahren in Südafrika im 17. Jahrhundert einst Zuflucht gesucht hatten. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts erfährt diese Region eine tiefgreifende Umgestaltung. Die gegenseitig zerstrittenen und mit den holländischen Kolonisten, den Buren, kriegführenden Bantuhäuptlinge versuchen mit Hilfe eines dritten Beteiligten, der britischen Kolonisten, verhältnismäßig unabhängige „Staaten“ aufzubauen. Die Bantuhäuptlinge sehen in den europäischen Missionaren mögliche Berater bei der Festigung ihrer Nation.