Die acht Religionskriege (1562-1598) (Einzelheiten)
Im 16. Jahrhundert erlebt Frankreich eine religiöse Spaltung: die groβe Mehrheit bleibt dem Katholizismus treu und eine bedeutende Minderheit schlieβt sich der Reform an. Das Prinzip der Koexistenz beider Konfessionen in Frankreich erweist sich als nicht durchführbar. Der Krieg wird unvermeidlich: Beweis der Unmöglichkeit einer friedlichen Koexistenz von Katholiken und Protestanten.
In 36 Jahren werden acht Kriege einander ablösen, von nur instabilen Friedenszeiten unterbrochen. Erst mit dem Edikt von Nantes (30. April 1598), das den konfessionellen Dualismus festlegt, geht diese Zeit zu Ende. Gegen das Ende seiner Regierungszeit konnte Heinrich IV. (1610 ermordet) dem Edikt zur Achtung verhelfen, sodass die Protestanten geschützt waren.
Erster Krieg (1562-1563)
Das Blutbad, das der Herzog Franz von Guise an etwa hundert Protestanten verüben lieβ, die sich am 1. März 1562 zum Gottesdienst in einer Scheune in der Stadt Wassy versammelt hatten, gilt als Auslöser des ersten Religionskrieges. Die Protestanten folgen einem Aufruf Ludwigs von Bourbon, Prinz von Condé, und greifen zu den Waffen. Condé bemächtigt sich Orléans am 2. April.
Der Krieg weitet sich auf das ganze Königreich aus. In beiden Lagern regiert schrankenlose Gewalt. Auf protestantischer Seite gehen die schlimmsten Gräueltaten zu Lasten des Barons des Adrets im Dauphiné und in der Provence und – auf katholischer Seite – zu Lasten von Blaise de Montluc in Guyenne.
Die Schlacht von Dreux, in der die Truppen Condés mit denen des Connetable de Montmorency zusammentreffen, entscheidet sich zugunsten der Königstreuen. Der Herzog von Guise beginnt mit der Belagerung der von den Protestanten gehaltenen Stadt Orleans (5. Februar 1563). Dort wird er von Poltrot de Méré, einem früheren Mitverschworenen aus Amboise, ermordet.
Am 19. März wird das von Condé und dem Connetable von Montmorency ausgehandelte Friedensedikt von Amboise unterzeichnet.
Zweiter Krieg (1567-1568)
Die Hugenottenführer sind schon 1567 entschlossen, wieder zu den Waffen zu greifen. Der wachsende Einfluss des Kardinals von Lothringen auf den jungen König Karl IX. beunruhigt sie, mit einem Gewaltstreich soll er diesem Einfluss entzogen werden. Man nennt ihn später die Überraschung von Meaux. Der König wird aber gewarnt und entgeht dem Anschlag; von Meaux gelangt er unter dem Schutz der Schweizer Garden nach Paris.
Die Hugenotten erobern mehrere Städte im Midi. Auf beiden Seiten werden Gewalttaten begangen. In Nîmes findet am 30. September 1567 die sogenannte Michelade statt, ein Massaker an den katholischen Honoratioren durch die reformierten Einwohner Nîmes‘ in der St. Michaelsnacht. In dem von der Hugenottenarmee belagerten Paris vergehen sich die Katholiken grausam an den Protestanten.
Condés Armee erobert Saint-Denis und rückt bis Dreux vor. Aber die Schlacht von Saint-Denis am 10. November 1567 entscheidet sich zugunsten der Königstreuen, obwohl der Connetable Anne de Montmorency dort tödlich verwundet wird.
Nach langen Verhandlungen wird am 23. März 1568 der Frieden im Edikt von Longjumeau, das das Edikt von Amboise bestätigt, unterzeichnet.
Dritter Krieg (1568-1570)
Der Frieden von Longjumeau hält nur fünf Monate an.
Auch internationale Ereignisse wirken auf den Bürgerkrieg ein, besonders die Revolte der Untertanen Philipps II. von Spanien in den Niederlanden. Die sogenannten „Geusen“ erleiden im Namen Philipps II. grausame Unterdrückung durch den Herzog von Alba, die in Frankreich groβes Mitgefühl hervorruft. Die Hugenotten, immer auf der Suche nach Verbündeten, schlieβen mit ihnen ein Abkommen.
Darüber hinaus bekommen beide Seiten Hilfe aus dem Ausland:
Für die Protestanten finanzieren der Prinz von Oranien und Elisabeth von England im Frühjahr 1569 die Entsendung des pfälzischen Grafen Wolfgang, des Herzogs von Zweibrücken, nach Burgund;
Der König von Spanien, der Papst und der Herzog der Toskana unterstützen die Katholiken.
- Die Kämpfe finden hauptsächlich in Poitou, Saintonge und Guyenne statt. Die Katholiken erringen zwei bedeutende Siege: in Jarnac (13. März 1569) besiegt der Herzog von Anjou, der zukünftige Heinrich III., den Prinz von Condé, der in der Schlacht getötet wird; und in Montcontour im nördlichen Poitou (3. Oktober 1569), wo der Admiral de Coligny verwundet fliehen kann.
Trotz der beiden Niederlagen geben die Hugenotten nicht auf. Coligny rückt nach Norden vor und kommt bis nach La Charité-sur-Loire. Im Juni 1570 gewinnt die protestantische Armee die Schlacht von Arnay-le-Duc.
Der darauf folgende Frieden kennzeichnet eine politische Wende am Hof. Die Gemäβigten gewinnen gegenüber den Guisen an Einfluss.
Das Edikt, das am 8. August 1570 in Saint-Germain unterzeichnet wird, ist hauptsächlich das Werk König Karls IX., es bedeutet die Rückkehr zur zivilen Toleranz. Es stellt die Freiheit des Gottesdienstes da wieder her, wo sie am 1. August 1570 bestand. Dazu erhalten die Protestanten vier befestigte Städte für zwei Jahre: La Rochelle, Cognac, La Charité-sur-Loire und Montauban.
Vierter Krieg (1572-1573)
Am 22. August 1572, vier Tage nach der Hochzeit Heinrichs von Navarra mit Marguerite de Valois, der Schwester des Königs Karl IX., zu der viele adlige Protestanten nach Paris gekommen waren, wird der Admiral de Coligny Ziel eines Attentats, dem er knapp entkommt. Die Spannung in Paris steigert sich ins Unermessliche. In der Nacht vom 23. zum 24. August, dem Sankt Bartholomäus-Tag, tritt ein königlicher Rat zusammen, der beschlieβt, die wichtigsten Hugenottenführer auszuschalten. Coligny und andere protestantische Edelleute werden im Louvre und in der Stadt ermordet. Dieser zahlenmäβig begrenzten Hinrichtung der Hugenottenführer folgt eine zügellose Schlachterei, die bis zum 29. August dauert und der 4.000 Menschen zum Opfer fallen. Das Massaker weitet sich aus und wiederholt sich in der Provinz, in der nochmals um die 10.000 Tote hinzukommen. Heinrich von Navarra und der Prinz von Condé werden als Prinzen von Geblüt verschont, aber zum Übertritt zum Katholizismus gezwungen.
Die entfesselte Gewalt treibt die meisten Reformierten dazu, abzuschwören oder ins Exil zu gehen: nach Genf, in die Schweiz, die nördlichen Provinzen der Niederlande oder England. In West- und Südfrankreich flammen die Kämpfe aber wieder auf. Nîmes und Montauban widersetzen sich der Besetzung durch königliche Truppen. La Rochelle wird belagert und leistet Widerstand. Die Belagerung wird am 6. Juli 1573 aufgehoben und der König gewährt den Hugenotten ein Friedensedikt, das sogenannte Edikt von Boulogne, das vom Parlament am 11. Juli 1573 ratifiziert wird und weniger vorteilhaft als das vorhergehende ist. Man gesteht den Protestanten Gewissensfreiheit zu, sie dürfen aber nur in den drei Städten La Rochelle, Nîmes und Montauban Gottesdienste abhalten.
Fünfter Krieg (1574-1576)
Der Herzog von Alençon, ein jüngerer Bruder des Königs, führt eine aus Protestanten und gemäβigten Katholiken zusammengesetzte Bewegung an. Es ist die Vereinigung der „Unzufriedenen“, die eine Reform des Staates verlangt und die Toleranz gegenüber den Protestanten vor allem für eine Sache politischer Reformen hält.
Heinrich III. wird nach dem Tod Karls IX. (30. Mai 1574) am 13. Februar 1575 zum König gekrönt. Er weigert sich zuerst, auf die Forderungen der Unzufriedenen einzugehen, muss aber dann doch mit ihnen verhandeln, da er nicht genügend Truppen hat. Er unterzeichnet in Etigny einen Friedensvertrag, den man paix de Monsieur nennt. Das unter dem Namen Edikt von Beaulieu bekannte Edikt (6. Mai 1576) bestätigt den Sieg der Unzufriedenen. Es lässt die Ausübung protestantischer Gottesdienste auβer in Paris und der Bannmeile im ganzen Königreich zu. Darüber hinaus erhalten die Reformierten acht befestigte Städte und zweigeteilte Kammern in allen Parlamenten.
Sechster Krieg (1576-1577)
Von Anfang an ist das Edikt von Beaulieu schwer anzuwenden und ruft Widerstand hervor. Feindselige Katholiken vereinen sich in Verteidigungsbündnissen. Die Stimmung auf den in Blois einberufenen Generalständen ist für die Hugenotten sehr ungünstig. Die Versammlung setzt das Edikt von Beaulieu auβer Kraft und die Konflikte flammen wieder auf. Weil aber beiden Seiten finanzielle Unterstützung fehlt, kommt es zu Verhandlungen. Ein Kompromiss wird am 14. September 1577 im Frieden von Bergerac geschlossen, bestätigt durch das im Oktober unterzeichnete Edikt von Poitiers.
Siebter Krieg (1579-1580)
Im November 1579 beginnt der Krieg auf Lokalebene: der Prinz von Condé bemächtigt sich der Stadt La Fère in der Pikardie und Heinrich von Navarra, seit 1575/1576 Anführer der protestantischen Partei, widersetzt sich 1580 den Provokationen des Generalleutnants von Guyenne und nimmt die Stadt Cahors ein. Einige sporadische Auseinandersetzungen folgen einander bis zum Vertrag von Fleix, am 26. November 1580, der den Text von Poitiers bestätigt. Die befestigten Städte müssen wie in Poitiers vorgesehen innerhalb von sechs Jahren übergeben werden.
Achter Krieg (1585-1598)
Nach dem Tod des Franz d’Alençon, Herzog von Anjou und letzter Bruder des Königs, ist Heinrich von Navarra der legitime Thronerbe. Die Ablehnung seiner Kandidatur für Frankreichs Thron ruft die Konstitution der Liga oder „Heiligen Union“ der Katholiken hervor, deren Anführer Heinrich von Guise dem König Heinrich III. die Unterzeichnung des Vertrags von Nemours (1585) abverlangt. Das Edikt, das sich daraus ergibt und am 18. Juli 1585 im Parlament abgezeichnet wird, bedeutet die Abschaffung der Politik bürgerlicher Toleranz. Es ist im Vertrag festgehalten, dass die Kalvinisten sechs Monate Zeit haben, um sich zwischen Abschwören oder Exil zu entscheiden, dass die Pfarrer verbannt werden und die befestigten Städte zurückzugeben sind.
Die Zahl der Protestanten nimmt dadurch stark ab. Heinrich von Navarra, der Sieger von Coutras, hält jedoch noch die Provinzen im Süden. Die Liga kontrolliert den Norden Frankreichs.
In Paris entsteht unabhängig von der Liga der Fürsten eine bürgerliche Liga, die sich mit ihr zusammentut. Am 12. Mai 1588 kommt es zum Aufstand der Stadt: an diesem Tag der Barrikaden muss Heinrich III. fliehen. Er flüchtet nach Blois und beginnt Verhandlungen mit den Ligisten. Aber der Machtzuwachs der Guisen beunruhigt ihn. Er will um jeden Preis gegen den gefürchteten Umsturz vorgehen. So beschlieβt er, den Herzog von Guise und dessen Bruder, den Kardinal von Lothringen, ermorden zu lassen.
Heinrich III. und Heinrich von Navarra nähern sich einander an. Vereint marschieren beider Armeen auf Paris. Aber die Pariser empören sich gegen ihren König, weil er sich mit Häretikern verbündet hat.
1589 wird Heinrich III. von einem Mitglied der Liga, dem Mönch Jacques Clément, ermordet. Heinrich von Navarra wird unter dem Namen Heinrich IV. König, aber er muss sein Reich erst erobern und Paris aus den Händen der Liga befreien.
Im März 1590, nach der berühmten Schlacht von Ivry, kann der König die Belagerung von Paris in Angriff nehmen.
1593 erklärt sich Heinrich IV. bereit, abzuschwören und katholische Unterweisung anzunehmen. Er muss sich in Chartres krönen lassen, um die widerspenstigen Pariser zu besiegen. 1594 geben die Pariser nach und öffnen Heinrich IV. die Tore.
1595 erhält Heinrich IV. die Absolution des Papstes und erklärt Spanien den Krieg. Zahlreiche spanische Truppen zur Unterstützung der Liga sind immer noch in Frankreich.
Im Vertrag von Vervins 1598 wird der Abzug der spanischen Truppen geregelt. Heinrich IV. erreicht auch die Unterwerfung des Herzogs von Mercoeur, dem Gouverneur der Bretagne, einem Alliierten der Spanier.
Das Edikt von Nantes (30. April 1598)
Im April 1598 unterzeichnet Heinrich IV. in Nantes das berühmte Edikt, das den Religionskriegen und den 36 Jahre dauernden Verwüstungen Frankreichs ein Ende setzt. Dieses Edikt ist umfassender als seine Vorgänger. Es erlaubt Katholiken und Protestanten die religiöse Koexistenz. Die Ausübung der reformierten Religion wird überall erlaubt, wo sie 1597 praktiziert wurde und den Reformierten wird der Zugang zu allen Ämtern ermöglicht.
Weiter im Rundgang
Bibliographie
- Bücher
- BOISSON Didier et DAUSSY Hugues, Les protestants dans la France moderne, Belin, Paris, 2006
- CHRISTIN Olivier, La Paix de religion : l’autonomisation de la raison politique au XVIe siècle, Le Seuil, Paris, 1997
- COTTRET Bernard, 1598, L’édit de Nantes, Perrin, Paris, 1997
- CROUZET Denis, Les Guerriers de Dieu. La violence au temps des troubles de religion, Champ Vallon, Seyssel, 1990
- GARRISSON Janine, Les Protestants au XVIe siècle, Fayard, Paris, 1988
- JOUANNA Arlette, La France du XVIe siècle, PUF, Paris, 1996
- JOUANNA Arlette, JBOUCHER Jacqueline, Histoire et dictionnaire des guerres de religion, Laffont (Bouquins), Paris, 1998, p. 1526
- LIVET G., Les Guerres de religion, PUF, Paris, 1993
- MIQUEL Pierre, Les Guerres de religion, Fayard, Paris, 1980
- PERNOT Michel, Les Guerres de religion en France, SEDES, Paris, 1987
- VRAY Nicole, La guerre des religions dans la France de l’Ouest : Poitou, Aunis, Saintonge, 1534-1610, Geste Editions, 1997
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Dazugehörige Vermerke
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