Pastor, Theologieprofessor, Schriftsteller
Er wird in Mer-sur-la-Loire in einer Pastorenfamilie geboren. Seine Mutter ist die Tochter von Pierre Du Moulin, dem ersten Pastor der Kirche von Charenton (1568-1558)
Er studiert Theologie in Saumur, dann in Sedan, wo er seinen Doktor macht. 1674 wird er zum Professor für Theologie und Hebräisch an der Akademie von Sedan ernannt. Aber 1681 muss die reformierte Akademie von Sedan auf Anordnung Ludwigs XIV. schließen, und Jurieu flüchtet nach Rotterdam, wo er an der Wallonischen Kirche (protestantische Kirche französischer Sprache in den Niederlanden) Pastor und Professor an der ‚Ecole Illustre‘ wird. Dort stirbt er 1713.
Große literarische Produktion
Seine Werke sind sowohl theologisch als auch historisch und haben einen stark engagierten Charakter :
- Apologie pour la morale des réformés (1675)
- Traité de la puissance de l’Église (1677)
- Histoire du calvinisme et celle du Papisme mises en parallèle (1683)
- Réflexions sur la cruelle persécution (1685)
- Histoire critique des dogmes et des cultes (1704)
Zwischen Frankreich und dem Refuge : Die Pastoralbriefe
Nach der Widerrufung des Edikts von Nantes verfasst Jurieu ‚Les Lettres pastorales aux fidèles qui gémissent sous la captivité de Babylone‘ (1686-1689), die heimlich in Frankreich verteilt und in ganz Europa verbreitet werden. Jurieu nimmt einen religiösen, aber auch politischen Standort ein, indem er die Gesetzmäßigkeit des Edikts von Fontainebleau bestreitet und die Theorie eines Vertrags mit der politischen Macht entwickelt.
Jurieu verficht ‚die Rechte der Nationen'
Er geht gegen die Politik des Sonnenkönigs an und unterstützt vorbehaltlos das Unterfangen Wilhelms III. von Oranien : die ‚Glorreiche Revolution‘ von 1688-89 ist für ihn „das Wunder unserer Zeit“.
Er stellt den Absolutismus und den göttlichen Ursprung der Souveränität in Frage.
Er ergreift Partei für das Recht der Völker. Sehr früh kommt ihm der Gedanke, dass das Volk die erste Quelle der Souveränität ist.
Auch in der Kirche verlangt er, dass die Souveränität vom Volk der Gläubigen ausgeht. Er erklärt und rechtfertigt schließlich die ‚Propheten‘ und unterstützt den Kamisardenaufstand.
Diese Einstellungen führen zum Zerwürfnis mit Pierre Bayle (1647-1706), der sich ebenfalls nach Rotterdam geflüchtet hat ; dessen monarchischen Loyalismus hat der ‚despotische Missbrauch‘ Ludwigs XIV. nicht erschüttert.