Erinnerungsorte in der Provence – in den Alpen – und an der Côte d’Azur

Diese südliche Provinz umfasst die Departements Bouches-du-Rhône (13), Var (83), Vaucluse (84), Alpes de Haute-Provence (04), Alpes-Maritimes (06) und Hautes-Alpes (05). Es ist eine jener Provinzen, wo die Reformation die wenigsten Spuren hinterlassen hat. Die Nähe zu Avignon und der Grafschaft Venaissin, wo der Papst seine Herrschaft ausübte, hat die Bischöfe und Legaten angestoßen, die Unterdrückung gegen die vorreformatorischen Ideen zu aktivieren.

Die Waldenser-Bewegung

Petrus Waldes (1140-1217)

Und doch gelingt es den Schülern von Pierre Valdo, den Waldensern, sich ab Ende des 12. Jahrhunderts in der Provence anzusiedeln. Sie lassen sich in aufeinanderfolgenden Schüben längs der großen Verbindungsstraßen nieder; der Höhepunkt der Einwanderung findet Ende des 15. Und Anfang des 16. Jahrhunderts statt.

Zwei Jahrhunderte vor der Reformation sind die Waldenser im Norden der Durance zu finden, im Kalksteingebirge des Luberon, in den Orten Mérindol, Cabriéres und deren Umgebung.

Im Jahre 1530 nehmen diese Protestler Kontakt zu den Reformatoren in der Schweiz und in Straßburg auf, Oecolampedo, Bucer, Farel, der in der Nähe von Gap geboren wurde.

1532, auf der Synode von Chanforan, nehmen die Waldenser die Reformation an.

1540 verurteilt das Parlament von Aix-en-Provence 17 flüchtige  „Häretiker“ zum Scheiterhaufen, aber Franz I. setzt das Urteil aus.

Die bekämpfte Reformation

Schloss If von Marseille © A. Leenhardt

Im Jahre 1545 organisiert der Parlamentsvorsitzende von Aix-en-Provence, Le Maynier d’Oppède, unterstützt von den Bischöfen, eine Strafexpedition. 22 Dörfer, darunter Peypin d’Aygues, Lourmarin, Cabrières und Mérindol werden geplündert und in Brand gesteckt. Hunderte von Einwohnern werden getötet, auf die Galeeren geschickt oder im Schloss IF in Marseille gefangen gesetzt. Andere flüchten in die Berge oder in die Schweiz.

Auf der Höhe des alten Mérindol ist ein Denkmal für die Waldenser errichtet worden. In Oppède-le-Vieux stehen noch die Ruinen des Dorfes des Parlamentsvorsitzenden der Provence, Le Maynier d’Oppède, der der Henker der Waldenser war.

Die Unterdrückung war schrecklich und die Einführung der Reformation in der Provence war umso schwieriger, da das Ausmaß der Gewalt gegen die Waldenser von Beitritten nur abschrecken konnte.

Marseille

Stadtbild von Marseille nach Tassin © Max Chaleil

Doch die Reformation erreicht Marseille und Aix: ab 1540, und 1560 zählt man etwa sechzig reformierte Gemeinden, oder „errichtete Kirchen“.

In Apt bekehrt sich der Bischof, in Aix-en-Provence tut der Erzbischof Jean de Saint-Priest de Saint-Chamond 1561 dasselbe.

In Draguignan (1558) und in Aix-en-Provence (1560) werden zwei“ Häretiker“ verbrannt.

In Castellane führt der Besuch eines Genfer Pastors zu einer Reihe von Gewalttaten, die von zwei jungen, zur Reformation bekehrten Adligen angeführt wurden, den Brüdern Mauvans, von denen einer ermordet wird, während der andere einen bewaffneten Aufstand anführt.

Orange

Massaker in Orange (1560) © S.H.P.F.

1560 erreicht die Unterdrückung Orange, wo der Baron des Adrets als Anführer von hugenottischen Banden nach dem Massaker von Protestanten zu schrecklichen Vergeltungsmaßnahmen  greift.

Sisteron erleidet 1562 und 1567 zwei epische Belagerungen. 1592 erlebt der Hugenotte Lesdiguières eine Niederlage bei der Belagerung der Stadt. Diese feiert dieses Ereignis jährlich an Ostern.

In der Haute-Provence, in Forcalquier, steht noch ein Haus, 22 rue du Palais, das um 1560 als evangelische Kirche gedient hat. Auf dem Giebel über der Tür eine Inschrift:“ Bekenne den Herrn und rufe seinen Namen an“ (Jesaja 12).

In Les Baux- de- Provence steht auf dem Haus des Protestanten Nicolas Peyre über der Tür die Inschrift “Post Tenebras lux – 1571“

In Manosque kann man einen Bauernhof finden, der „Hof der Predigt“ heißt, in dem Viertel „Predigt“, wo sich auch eine evangelische Kirche befand, die 1663 erbaut und 1685 niedergerissen wurde.

In Marseille verbinden sich im 16. Jahrhundert die herrschenden Klassen  mit dem Volk gegen die Vertreiber der „lutherischen Häresie“. Während der Unterdrückung der Waldenser und den Massakern in Mérindol und Cabriéres wurden 600 überlebende Waldenser nach Marseille gebracht und auf die Galeeren und das Schloss IF verteilt. 200 von ihnen kamen um.

Das Edikt von Nantes erlaubt die Errichtung einer protestantischen Kirche in Vélaux  am Anfang des 17. Jahrhunderts. Die heutige katholische Kirche soll die ehemalige evangelische Kirche sein.

1685 erschlägt die Aufhebung des Edikts von Nantes den schon ausgebluteten provenzalischen Protestantismus. Und doch finden Dragonaden im Lubéron statt, in Les Baux, Sénas und Marseille. In dieser Stadt wird die Erinnerung an die Leiden der Gefangenen und Galeerensklaven wachgerufen:

  • im Arsenal (Cours d’Estienne d’Orves), dem Krankenhaus für die Sträflinge und Invaliden
  •  in den Burgen Saint-Nicolas Saint-Jean und im Schloss IF, wo die Galeerensklaven eingesperrt waren und die Exilierten, die auf ihre Abfahrt nach Martinique oder Saint-Domingue warteten.

Im 18. Jahrhundert gibt es erst ab 1735 mit dem Prediger Francois Roux und 1744 mit Pastor Deferre „Versammlungen in der Wüste“.

In  Marseille gab es dank der ausländischen Kaufleute und einer kleinen Schweizer Kolonie Predigten bei den englischen und holländischen Konsuln.

Nach 1745 kann die örtliche Kirche dank des Eingreifens von Paul Rabaut und seinem Sohn Rabaut-Pommier Pastoren bekommen. Ein Landhaus nahe bei Belle-de-Mai diente als Gottesdienstort, und nach 1780 wird das Oratorium verlegt, 5 chemin de Malavel. 1788 zählte man in Marseille 2000 Protestanten. Nach der Revolution richtet sich die reformierte Kirche in einer ehemaligen Musikakademie ein, rue Scevola (heute 10 rue Venture); dann wird unter der Restauration die evangelische Kirche rue Grignan gebaut an Stelle des ehemaligen Hotels Payen.

Um die evangelischen Kirchen jeder Region zu finden, begeben Sie sich bitte auf die Spezialseite: http://temples.free.fr

Bibliographie

  • Bücher
    • DUBIEF Henri et POUJOL Jacques, La France protestante, Histoire et Lieux de mémoire, Max Chaleil éditeur, Montpellier, 1992, rééd. 2006, p. 450
    • FERMAUD Jean-Claude, Le protestantisme en Provence au XVIe siècle jusqu’à l’édit de Nantes, Éditions La Cause, La Bégude de Mazenc, 1999
    • LAURENT René, Promenade à travers les temples de France, Les Presses du Languedoc, Millau, 1996, p. 520
    • REYMOND Bernard, L’architecture religieuse des protestants, Labor et Fides, Genève, 1996

Dazugehörige Vermerke

Petrus Waldes (1140-1217) und die Waldenser

Petrus Waldes begründet die Bewegung der Waldenser, die sich im Süden Europas verbreitet.

Guillaume Farel (1489-1565)

Farel ist der Reformator der französischen Schweiz und hat besonders in Neuchâtel gewirkt. Er ist Prediger und Organisator sowie Verfasser einer Liturgie in französischer Sprache.

Martin Butzer oder Bucer (1491-1551)

Der gebürtige Elsässer und Humanist hat sich sein ganzes Leben lang dafür eingesetzt, die Einheit der Kirche zu bewahren.

Das Edikt von Nantes (1598)

Dieser Gesetzesakt ist der bedeutendste der Regierung von Henri IV., da er nach 36 Jahren des Bürgerkrieges ein friedliches Zusammenleben von Katholiken und Protestanten ermöglicht.