Geduldet
Das Problem der Bestattung der Protestanten hat sich gestellt, sobald die Reformation von der katholischen Kirche als Häresie betrachtet wurde: da die Pfarrfriedhöfe nach kanonischem Recht „heilige Orte“ waren, weil sie zu Beginn eine Segnung erhalten hatten, wurde die Bestattung aller Protestanten, unabhängig vom sozialen Status unmöglich. Sogar die protestantisch gewordenen Standespersonen konnten nicht mehr bei ihren Ahnen in der Familienkapelle oder in der Gruft des Kirchenschiffs bestattet werden. Da ihnen auch die üblichen Friedhöfe verboten waren, mussten die Protestanten sich anders organisieren und spezifische Friedhöfe schaffen. Innerhalb dieser ersten protestantischen Friedhöfe findet man keine Grabsteine, keine besonderen Anzeichen einer Beerdigung wie in allen Friedhöfen jener Zeit. Die Besonderheit dieser Friedhöfe, verglichen mit einem katholischen Friedhof, ist also ihre Lage ohne Verbindung zu einem religiösen Ort. Das Edikt von Nantes verallgemeinert diese Trennung im Tod mit dem Ziel eines bürgerlichen Friedens: getrennt, aber gleich.
Verboten
Die Aufhebung des Edikts von Nantes verbietet die protestantische Religion: die Protestanten sind von den öffentlichen Ämtern, von ihren Kirchen und ihren Friedhöfen ausgeschlossen. Die Anordnungen des königlichen Rates sind klar:“ Ihre Majestät will nicht, dass es einen bestimmten Ort für die Bestattungen jener der benannten Religion gibt, und jedermann kann sie beerdigen, wo er will.“ Die königlichen Verfügungen verlangen außerdem, dass sie nachts beerdigt werden und ohne Versammlungen. Während der langen Jahre der „Wüste“ werden die Protestanten, die sich weigern, sich zu bekehren, ihre Toten heimlich bestatten „in den Ländereien“, in einem Feld, das der Familie des Verstorbenen gehört (was nur die Abscheu der Katholiken gegenüber dieser „entarteten Religion“ bestätigt).
So ist die Tradition der Familienfriedhöfe entstanden: einige Gräber in einem Garten, einer Wiese, einem nicht bestellten Feld, von Mauern umschlossen, oder auch nicht.: die auf freiem Feld, weit entfernt von den Häusern scheinen ab ihrer Entstehung umschlossen zu sein, während diejenigen, die nahe bei den Häusern waren, meist offen waren. Die Gegenden mit einer starken protestantischen Bevölkerung sind regelrecht voll mit solchen Friedhöfen, wobei die Zypressen die Gräber nahe der Höfe markieren.
Da ab 1760 eine gewisse Toleranz herrscht, können die reformierten Gemeinden ihren Glauben wieder öffentlich bekennen. Sie gründen neue Friedhöfe, ab 1761 in Royan, 1779 in Nîmes. Aber man muss bis zum Toleranzedikt 1787 warten, damit die bürgerliche Existenz der Protestanten anerkannt wird. Es schreibt vor, dass die Städte und Dörfer ein „angemessenes und dezentes Gelände“ haben müssen für die Bestattung derjenigen, denen die kirchliche Beerdigung versagt ist.
Erlaubt
Nachdem die Unruhen der Revolution vorbei sind, stellt Bonaparte die Religionsfreiheit und Gleichheit der Religionen wieder her im Rahmen des Konkordats und der organischen Artikel von 1802. Die neue Gesetzgebung organisiert die Existenz der protestantischen Friedhöfe. Das Dekret vom 23. Wiesenmonat des Jahres XII (12. Juni 1804) stellt klar: „ in den Gemeinden, wo mehrere Religionen gelehrt werden, muss jede Religion einen besonderen Bestattungsort haben; und in dem Fall, wo es nur einen einzigen Friedhof gibt, wird er durch Mauern, Hecken oder Gräben in so viele Teile wie es verschiedene Religionen gibt geteilt. Jeder Teil bekommt einen besonderen Eingang, und diese Flächen werden je nach Zahl der Einwohner jeder Religion aufgeteilt. Der protestantische Friedhof von Montpellier wird 1809 in diesem Rahmen eröffnet.
Die aktuelle Unterschiedlichkeit
Diese bewegte Geschichte erklärt die drei Kategorien von protestantischen Friedhöfen, die es heute in Frankreich gibt: 1. Die großen protestantischen Friedhöfe in den Gegenden mit einer starken protestantischen Minderheit: Nîmes, Royan, Montpellier, Castres, Mazamet. Diese Friedhöfe sind Eigentum der Kirchen und sind privat geblieben, wurden also während der Verstaatlichung von 1881 nicht entkonfessionalisiert. Was die verstaatlichten städtischen Friedhöfe angeht, so wurde
die neue Gesetzgebung nicht immer angewandt: die Trennung des protestantischen Teils besteht weiterhin, denn die protestantischen Familien behalten die Gewohnheit bei, sich an jenem Ort beerdigen zu lassen.
2. Die Familienfriedhöfe in den Gegenden, wo die Protestanten in den katholischen
Friedhöfen nicht erlaubt waren: Charente-Maritime, Deux Sèvres, Vendée, Cevennen.
3. Die protestantischen Viertel innerhalb der städtischen Friedhöfe: trotz der Verstaatlichung von 1881 haben viele städtische Friedhöfe die neue Gesetzgebung nicht strikt befolgt: da die Trennung des protestantischen Teils weiterhin bestand, haben die protestantischen Familien die Gewohnheit beibehalten, sich in jenen Vierteln beerdigen zu lassen (Vaucluse, Gard, Hérault…)
Elsass-Lothringen, das 1871 vom deutschen Reich annektiert worden war und 1918 an Frankreich zurückgegeben wurde, hat diese verstaatlichende Gesetzgebung nicht gekannt und also die napoleonische Organisation der nach Konfessionen aufgeteilten Friedhöfe beibehalten: man findet dort also städtische Friedhöfe mit einem protestantischen Teil.