Auf dem Weg zu einem christlichen Sozialismus ?
Nach der Kommune entsteht eine neue theologische Bewegung : das soziale Christentum. Die Industrierevolution hat solches Elend in den Arbeitervierteln der Städte hervorgerufen, dass Pfarrer erschüttert sind und eine theologische Reflexion über die soziale Frage in Gang setzen.
Ab 1872 hat die evangelische Volksmission, die von dem Briten Robert Mac All geleitet wird, die Aufmerksamkeit auf die religiöse Unwissenheit der Arbeiterschicht gelenkt. Ab 1878 setzt sich Pfarrer Tommy Fallot, der aus einer Industriellenfamilie stammt und Pfarrer an der Chapelle du Nord (der ehemaligen Kapelle Taitbout) in Paris ist, für einen christlichen Sozialismus ein. Für ihn handelt es sich dabei aber nicht um Unterstützung, Wohltätigkeit oder Moral, sondern um soziale Gerechtigkeit.
Gleichzeitig entsteht in Nîmes die ‚Schule von Nîmes‘ um den Wirtschaftswissenschaftler Charles Gide, den Onkel von André Gide. Dieser sucht einen dritten Weg zwischen Kapitalismus und Sozialismus. Er löst die genossenschaftliche Bewegung aus : Produktions-und Konsumgenossenschaften. Er betont die Solidarität. 1896 wird die ‚Revue de Christianisme social‘ gegründet, die heute noch unter dem Namen ‚Autre Temps‘ erscheint.
In den Arbeitergemeinden
Die Nachfolge von Tommy Fallot treten die Pfarrer Elie Gonnelle in Roubaix und Wilfred Monod in Rouen an. Sie wirken in den Arbeitergemeinden und gründen Vereine, die ‚Solidarités‘ genannt werden, eine Art christlicher Volkshäuser, in denen Protestanten, Katholiken und Agnostiker sich begegnen.
Wenn der Sozialismus diese Bewegung auf Grund ihrer christlichen Dimension auch nicht aufnimmt, so wird die protestantische Kirche zu Beginn des 20. Jahrhunderts von der sozialen christlichen Dimension geprägt sein.