Das Alte Testament
Die Bezeichnung „Altes Testament“ kam ab der Mitte des 2. Jahrhunderts nach Jesus bei den Christen in Gebrauch, um damit die Bücher zu bezeichnen, die man mit dem Judentum gemeinsam hatte, während gleichzeitig ein den Christen eigener Bestand an Schriften entstand (das Neue Testament). Die Bezeichnung bringt die besondere Bedeutung der Texte jüdischen Ursprungs für die Christen zum Ausdruck. Das Alte Testament erzählt eine weitreichende Geschichte, die mit dem Ursprung der Erde und der Schaffungsgeschichte der Menschheit beginnt. Einige der Bibelfiguren, wie etwa Abraham, Moses, David oder Hiob, sind zu emblematischen Elementen in der Kulturgeschichte geworden. Von den Texten sind einige weltweit bekannt : die Psalmen, die Sprichwörter und die Zehn Gebote.
Der Inhalt des Alten Testaments
Der Begriff „Altes Testament“ versteht sich in Bezug auf das „Neue Testament“. Er erinnert an den „Bund“ zwischen Gott und dem Volk, das er auserwählt hat. Es wird von den Christen als der „alte“ oder „ursprünglicher Bund“ betrachtet, wogegen das Neue Testament den „neuen Bund“ zwischen Gott und den Menschen darstellt, vermittelt durch seinen Sohn, Jesus Christus.
Das Alte Testament setzt sich aus mehreren Büchern zusammen, die in der hebräischen Bibel zu finden sind :
- Das Gesetztbuch (Thora auf hebräisch) umfasst die fünf ersten Bücher (Genesis, Exodus, Levitikus, Numeri, Deuteronomium). Diese Bücher handeln von der Schaffung der Menschheit und der Erde durch Gott, vom theologischen Gesichtspunkt ausgehend, vom darauf folgenden allmählichen Wachsen eines Volkes (Israels), von der Beziehung zwischen Gott und den Menschen, besonders hervorgehoben am Beispiel der Gestalten der „Urväter“ Abraham, Isaak und Jakob. Es folgt dann die Geschichte Moses und der Auswanderung aus Ägypten, die Durchquerung der Wüste bis zur Ankunft im versprochenen Land. Die fünf Bücher umfassende Erzählung spricht von der heiligen Bindung zwischen Gott und seinem Volk, auf der sich das soziale, religiöse und politische Leben gründet.
- Die Bücher der Propheten beginnen mit den Werken, die ausführlich über die Geschichte des Volkes Israel, seine Ansiedlung im Kanaan bis zur Zerstörung Jerusalems und die Auswanderung nach Babylon erzählen. Die prophetischen Geschichten umfassen im ersten Teil die Schriften die man den grossen Propheten zusagt (Esaja, J, E, D) und werden im zweiten Teil durch die Texte der „kleinen“ Propheten ergänzt. Die Propheten verweisen auf die vom Volk Israel begangen Verfehlungen gegen die „Bindung“ und künden die Bestrafung durch Gottes Hand an, die einer „neuen Bindung“ vorausgeht. Diese Anklage steht immer in einer Formulierung, die auf das Heil durch Vergebung hindeutet.
- Die Spätschriften fassen zwölf recht verschiedene Bücher zusammen: die Bücher in dichterischer Form (die Psalmen und das Hohelied), das Buch der Weisheit (über den Sinn des Lebens), die geschichtlichen Bücher (Erzählungen über die Geschichte des israelischen Volkes) und die Romane (Esther und Ruth).
Die Septuaginta ist die griechische Übersetzung aus dem 3. Jahrhundert vor Jesus Christus, ergänzt um einige andere Texte, die in der katholischen Kirche als „deutoro-kanonisch“, und von den Protestanten als „apokryphe Schriften“ bezeichnet werden : dabei handelt es sich um das Buch Esther in griechischer Sprache, die Bücher Judith und Tobit, die Bücher von den Makkabäern 1 bis 4, das Buch der Weisen, die Bücher Sirach und Baruch, der Brief des Jeremias, die griechischen Anmerkungen zum Buch Daniels, das Buch Esras 3 und 4, das Gebet Manasses, und der Psalm 151.
Die Septuaginta unterscheidet sich von der hebräischen Bibel in der Anzahl der Bücher, der Sprache, aber auch durch ihre Anordung in vier grosse Kapitel : der Pentateuch, die Geschichtsbücher, die Lieder und die Bücher der Weisen, und die prophetischen Bücher, im letzten Kapitel. Es ist wahrscheinlich dass diese aktuelle Reihenfolge von den ersten Christen herrührt, die die Texte der Septuaginta als ihre „Heilige Schrift“ benützt haben. Sie haben diese Bücher so angeordnet, dass eine umfassende Geschichte des Heils zustande kommt, die ihren Höhepunkt in der Ankündigung des Messias in den prophetischen Schriften findet.
Der christliche Kanon des Alten Testaments
Unter dem „Bibelkanon“ versteht man die Reihenfolge und die Sortierung der Bücher wie sie von der jeweiligen Kirche als Referenz in Glaubensfragen anerkannt wird.
De facto beziehen sich die Katholiken auf die Sortierung der Septuaginta, während die Protestanten der hebräischen Bibel folgen, obgleich beide sich letztendlich an der Gliederung in der Septuaginta orientieren.
In der östlichen Kirche waren die deuterokanonischen Bücher stets Bestanteil der Bibel, wenn auch ihre Anzahl variiert. In der katholischen Kirche hat man sie beim Konzil von Trient im 16. Jahrhundert als kanonisch anerkannt, was heisst, das ihre Bedeutung der der anderen biblischen Bücher gleichgestellt ist. Die protestantischen Reformatoren haben jedoch den deuterokanonischen Büchern weniger Bedeutung als den anderen biblischen Schriften beigemessen, und vom 16. Bis zum 19. Jahrhundert hat man sie in der Bibel zwischen dem alten und dem neuen Testament eingefügt. Im 19. Jahrhundert wurden sie dann von den Protestanten aus wirtschaftlichen Gründen aus der Bibel ausgegliedert, damit die Bibeln eine geringer Seitenzahl hatten und weniger kosteten. Seither wurden diese Texte jedoch insbesondere bei den ökumenischen Auflagen gegen Ende des 20. Jahrhunderts den von Protestanten gelesenen Bibeln wieder beigefügt.
Die Sprachen des Alten Testaments
Die ältesten der Texte wurden auf Hebräisch verfasst, einige davon sogar auf Aramäisch. Das Aramäisch war die offizielle Sprache des persischen Reiches. Einige spätere Texte sind griechisch, vor allem die deuterokanonischen Texte, denn im Reich Alexander des Grossen wurde in erster Linie die griechische Sprache zur allgemeinen Verständigung benutzt.
Der Ursprung des Alten Testaments
Die Texte des Alten Testaments stammen aus verschiedenen Epochen des Altertums, und erst wenn man die Bücher in Beziehung zur Geschichte des antiken Nahen Ostens bringt, kann man Hypothesen über ihre jeweilige Ursprungzeit aufstellen. Einige Zeiträume sind besonders reich an verschiedensten Überlieferungen, schriftliche wie mündliche, die im Laufe der Zeit in Büchern zusammengefasst wurden : der Zeitraum der Könige (10. und 9. Jahrhundert vor Christus), das babylonische Exil (6. Jahrhundert vor Jesus), und die Epoche der Perser (6. bis 4. Jahrhundert).
Während der gesamten Zeit des Königreiches Israel übernehmen die Propheten die Rolle der Vemittler Gottes. Sie erheben Einspruch bei den Königen, – ohne dabei einen Unterschied zu machen zwischen volkseigenen oder fremdländischen Herrschern, wenn diese die absolute Macht an sich reissen und mit sozialer Ungerechtigkeit und religiöser Untreue regieren. Obwohl einige Theologen die Verfassung der ersten fünf Bücher auf Moses zurückführen, und dabei eine alte Tradition wiederaufnehmen, sieht doch die Mehrheit der Historiker darin ein Werk aus der Zeit des Exils. Alle sind sich darin einig, dass dieser Zeitraum sich durch eine aussergewöhnliche literarische Entwicklung hervorhebt. Das hebräische Volk erlebt in dieser Zeit eine schwere Krise, und die im Exil lebenden Hebräer lesen ihre Geschichte neu, – beim Schreiben definieren sie ihre neue, an diese Geschichte angepasste Identität.
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