Eugène Bersier (1831-1889)
Der Pastor Eugène Bersier war ein Mann von großer Arbeitskraft. Er gründete die Evangelische Kirche vom Étoile und schuf eine neue Liturgie : ein Mann des Ausgleichs, der die Einheit der zerstrittenen Reformierten Kirche wiederherstellen wollte.
Die ersten Jahre
Eugène Bersier wurde 1831 in Morges (Kanton Waadt) in der Schweiz geboren. Seine Eltern stammten beide aus dem Waadtland, aber seine Mutter hatte auch Engländer unter ihren Vorfahren.
Er verbrachte seine Kindheit in Genf und ging mit 17 Jahren in die Vereinigten Staaten, wo er zwei Jahre lang als Aufseher in einem Internat arbeitete.
Nach seiner Rückkehr nach Europa begann er ein Theologiestudium am « Oratoire » von Genf, einer der Erweckungsbewegung nahestehenden Lehranstalt. Aufenthalte in Deutschland (1854) und Paris dienten ihm zur Vervollkommnung seiner Allgemeinbildung. In Paris ging er in der Taitbout-Kapelle aus und ein : einer freien Kirche, die im Mittelpunkt der Pariser Erweckungsbewegung stand.
Dort befreundete er sich mit der Familie Hollard und verlobte sich schließlich mit deren Tochter Marie Hollard, die er 1855 heiratete und mit der er fünf Kinder hatte.
Seine erste Anstellung als Pastor fand er im Pariser Arbeiterviertel des Faubourg Saint-Antoine, wo er sich vor allem der Verbreitung des protestantischen Glaubens widmete. Danach half er seinem Onkel, Victor de Pressensé, bei der Verwaltung der zahlreichen aus der Erweckungsbewegung hervorgegangenen protestantischen Stiftungen.
1860 wurde er an die Taitbout-Kapelle berufen, um einen der amtierenden Pastoren zu vertreten. Er blieb dort bis 1874. Er war ein bekannter und beliebter Prediger. 1863 erschien der erste der sieben Sammelbände seiner Predigten.
Gründung der Evangelischen Kirche vom Étoile
1866 zog Bersier unter Rücksichtnahme auf die Gesundheit seiner Kinder in die ländliche Umgebung der Porte Maillot. Abends führte er Andachten durch, zuerst in einer Schule in Neuilly, dann in Paris in der Avenue de la Grande Armée (in der Verlängerung der Champs Élysées jenseits des Triumphbogens). 1868 wurde dort die Étoile-Kapelle, eine Art Nebenstelle der Taitbout-Kapelle, eingeweiht. Im Laufe der Zeit wurde die Gemeinde immer selbständiger und entwickelte sich zur Evangelischen Kirche vom Étoile.
Durch den neu-gothischen Stil des Tempels, den Bersier dort erbauen ließ (54, avenue de la Grande Armée), aber auch durch die von ihm geschaffene neue Liturgie, nach der er dort seine Gottesdienste abhielt, schuf Bersier ein sehr persönliches Werk.
1872 nahm er als Vertreter der evangelischen Freikirchen an der Synode der Reformierten Kirchen teil und verfaßte danach die Geschichte dieser so wichtigen Synode.
1874 verließ er die Freikirchen und trat zur Reformierten Kirche über. Die Kirche vom Étoile schloß sich 1877 ebenfalls den Reformierten Kirchen an.
Im selben Jahr, 1877, wurde im Nachbargebäude des Étoile-Tempels eine Berufsschule für junge Mädchen eingerichtet. Heute hat dort die protestantische Produktionsgesellschaft Meromedia ihren Sitz.
1889 starb Bersier in voller Schaffenskraft im Alter von 58 Jahren.
Der Pastor Eugène Bersier war ein Mann des Friedens und des Ausgleichs, der stets versuchte, die Einheit der zerrissenen reformierten Kirche wiederherzustellen. Er war ein nach allen Seiten offener Mensch, der nicht gezögert hat, die Direktion der Sonntagsschule vom Étoile zehn Jahre lang Auguste Sabatier zu überlassen, obwohl er dessen theologischen Ansichten durchaus kritisch gegenüberstand.
Hervorzuheben ist auch seine Begeisterung für die Geschichte des Protestantismus. Als stellvertretender Vorsitzender der Société de l’Histoire du Protestantisme Français [Historische Gesellschaft des Französischen Protestantismus] war er anläßlich der 200-Jahrfeier des Widerrufs des Edikts von Nantes (1885) ein begehrter Vortragsredner.
Es war vor allem die Persönlichkeit des Admirals Coligny, die ihn faszinierte. Für ihn entwarf er ein Denkmal, das 1889 in der Rue de Rivoli im Chorsaal des Oratorium-Tempels enthüllt wurde.
Bibliographie
- Bücher
- CABANEL Patrick et ENCREVE André , Dictionnaire biographique des protestants français, de 1787 à nos jours, Editions de Paris - Max Chaleil, Paris, 2015, Tome 1 : A-C
Dazugehörige Vermerke
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