Die Reformation ist zunächst lutherisch geprägt
Unter der Regierung des Herzogs Ulrich von Württemberg, der gleichzeitig Graf von Mömpelgard ist, findet die Reformation Eingang in die Grafschaft, die im Grenzland der Burgundischen Pforte liegt.
Auf Vorschlag von Johannes Ökolampad, dem späteren Reformator von Basel, lädt Herzog Ulrich 1522 Johann Gayling, einen Schüler Luthers, zu sich ein, um den Zügellosigkeiten des katholischen Klerus in seiner Grafschaft Einhalt zu gebieten.
1524 schickt Ökolampadius Guillaume Farel nach Montbéliard. Farel hat die katholische Kirche verlassen, nachdem er die Unmöglichkeit, diese von innen heraus zu reformieren, eingesehen hat. In Montbéliard läßt er das Abendmahl in beiderlei Gestalt (Brot und Wein) darreichen. Aus Rotterdam schreibt Erasmus 1525 : „Farel ist nach Mömpelgard berufen worden, um dort das Evangelium zu predigen : sein Erfolg ist beeindruckend“.
Unter dem Druck der katholischen Kantone der Schweiz sieht sich Herzog Ulrich jedoch schließlich dazu gezwungen, sich von Farel zu trennen. 1527 schließt der Erzbischof von Besançon die Einwohner von Mömpelgard in ihrer Gesamtheit aus der Kirche aus ; diese Maßnahme wird von ihm aber 1529 wieder aufgehoben.
Der Einfluß der schweizerischen Reformbewegung
1535 trifft der Reformator Pierre Toussain in Montbéliard ein, ein ehemaliger Domherr aus Metz, der dort zunehmend in evangelischen Kreisen verkehrt hat und danach nach Basel zu Ökolampad gegangen ist. In Zürich lernt er Farel und später auch Zwingli kennen, der ihm seine Auffassung von der Gegenwart Christi im Abendmahl darlegt.
Sofort nach seiner Ankunft in Montbéliard eröffnet Toussain dort eine Schule für Jungen und Mädchen. 1538 wird auf sein Betreiben hin in der Grafschaft der evangelische Gottesdienst eingeführt : am 17. November 1538 läßt Graf Georg von Mömpelgard die Messe sowie alle Zeremonien der katholischen Kirche verbieten. Zu Ostern 1539 wird das Abendmahl erstmals nach evangelischen Richtlinien dargereicht. Ende 1539 kommen 13 Prediger, die Farel in Genf ausgesucht hat, in die Grafschaft, wo sie am 1. April 1540 auf deren Landgemeinden verteilt werden. Auf diese Weise erhält die lutherische Reformation in Montbéliard eine aus der Schweiz stammende calvinistische Prägung.
1544 legt Toussain seine Auffassung vom Abendmahl dar, derzufolge der wahre Leib und das wahre Blut des Herrn dem Gläubigen zur Speisung seiner Seele gegeben ist, wobei Leib und Blut sich jedoch nicht in Brot und Wein verwandeln : sie sind Teil eines himmlischen Geistkörpers.
Nachdem Kaiser Karl V. im Schmalkaldischen Krieg die untereinander zerstrittenen protestantischen Reichsfürsten besiegt hat, verpflichtet er auch die Mömpelgarder 1548 auf das Augsburger Interim, eine die Glaubenssätze und die Kirchenordnung betreffende Übergangslösung, die den Einfluß der katholischen Kirche abschwächt und bis zu den künftigen Beschlüssen des Konzils von Trient inkraft bleiben soll. Bis 1553 kommt es so zu einem kirchlichen Mischsystem : die katholischen Priester walten ihres Amtes auf die selbe Art wie vor der Reformation, während die evangelischen Prediger auf ihre neue Weise das Wort verkünden.
Rückkehr zur lutherischen Reformation
1555 bricht Toussain mit Farel und Calvin, die seine engen Freunde gewesen sind. Grund dieses Zerwürfnisses sind die calvinistische Lehre von der Prädestination, die Toussain nicht teilt, sowie die Verfolgung von Ketzern, für die Calvin mit der Hinrichtung von Michel Servet in Genf ein abschreckendes Beispiel gegeben hat.
Während seines Wirkens in Montbéliard gründet Toussain nach und nach in jeder Kirchengemeinde eine Schule. Er setzt das Augsburger Bekenntnis durch, das für ihn mit dem Wort Gottes in Einklang steht. 1571 zieht er sich in den Ruhestand zurück und stirbt 1573 im Alter von fast 75 Jahren.
Die Reformation ist in das Mömpelgarder Land gewaltlos und ohne das geringste Blutvergießen eingezogen.