Die protestantischen Frauen
in der „Fédé“

Ein Studentenverband, der sich von Anfang an für die Mixität entscheidet

Suzanne de Dietrich (1891-1981) © Fédération Protestante de France

Dadurch, dass die jungen Frauen nun Zugang zu den höchsten Universitätsabschlüssen haben (die erste Frau, die 1908 „agrégée de l’Université“ wird, ist eine Protestantin, Geneviève Bianquis), dass sie sich in einem Verband zusammenschließen, nehmen sie auch an den Diskussionsgremien teil.

In der „Fédé“ befinden sich 10 Jahre nach ihrer Gründung auch junge Frauen unter den Mitgliedern der Ausschüsse, und diese Konvergenz bei der Übernahme von Verantwortung trägt dazu bei, die in den konservativsten Kreise noch sehr reservierte Haltung gegenüber der „Wortergreifung“ von Frauen zu überwinden.

Wenn auch die Leitung der „Fédé“ meistens in den Händen von Männern liegt – der wichtigste Posten ist der des Generalsekretärs – und die Redakteure, die mit der Verbreitung der großen Orientierungen der Bewegung in den Zeitschriften Hic et Nunc und Le Semeur betraut sind, Männer sind, so haben doch zahlreiche herausragende protestantische Frauen in der „Fédé“ ihre Ausbildung erhalten.

Suzanne de Dietrich (1891-1981) und Madeleine Barot (1909-1995), die beide an der Gründung bedeutender protestantischer Werke, unter anderem der Cimade, beteiligt waren. Elisabeth Schmidt (1908-1986) entstammt einer agnostischen Familie und bekehrt sich, nachdem sie Pierre Maury und Suzanne de Dietrich kennen gelernt hat. 1949 wird sie als erste Frau zur Pfarrerin ordiniert.

Die Rolle der "Fédé" im theologischen Bereich

Pfarrer Pierre Maury (1890-1956) © Fédération Protestante de France

Die Dimension der Evangelisierung wird von Anfang an klar herausgestellt und geht über den Rahmen der traditionellen Kirchen hinaus. Die „Fédé“ versteht sich als ein Raum der Diskussion und der Öffnung zur Welt. Zudem spielt sie dann auch in theologischer Hinsicht eine wesentliche Rolle. Pfarrer Pierre Maury (1890-1956), der in den Jahren zwischen den beiden Weltkriegen ihr Generalsekretär ist, gibt den Anstoß zur Übersetzung und Verbreitung des Werks Karl Barths (1896-1968), des großen Schweizer Theologen, das auf gewaltige Resonanz stößt. Diese Theologie, die im Gegensatz zu den in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts vorherrschenden liberalen und christlich-sozialen Strömungen steht, löst innerhalb des Protestantismus schwierige und zuweilen schmerzhafte Debatten aus.

Die "Fédé", präsent in ihrer Zeit

Den aufeinander folgenden Leitern, Charles Westphal (1896-1972), Georges Casalis (1917-1987), Jean Bosc (1910-1969), Roland de Pury (1907-1979), André Dumas (1918-1996) und Jacques Maury (geb. 1920), ist es stets ein wichtiges Anliegen, dass über die Probleme der Gegenwart nachgedacht wird. Die von der „Fédé“ getroffenen Optionen in theologischen wie in politischen Fragen, die Männer wie die Frauen betreffend, sind klar und oft radikal. So unterstützt sie die Wehrdienstverweigerer aus Gewissensgründen, die Entkolonisierung, die Öffnung zur kommunistischen Welt und die Ökumene. Sie erweist sich damit als ein Ort der Bildung und Sensibilisierung mit einem zugleich kritischen und verständnisvollen Herangehen an die Gesellschaft der Gegenwart.

Bibliographie

  • Bücher
    • DE DIETRICH Suzanne, La Fédération universelle des associations chrétiennes d’étudiants (1895-1945), Éditions du Semeur, Paris, 1948
    • POUJOL Geneviève, Un féminisme sous tutelle – Les protestantes françaises 1810-1960, Max Chaleil éditeur, Paris, 2003
  • Artikels
    • „Depuis 100 ans la Fédé (1898-1998)“, Hors Série, Libre Sens, CPED, 1998
    • FABRE Rémi, „La Fédé au sortir de la Deuxième Guerre mondiale (1945-1950)“, Bulletin de la SHPF, SHPF, Paris, juillet-septembre 1997, Tome 127