Die Plakat-Affäre (1534)

Plakate mit einem die katholische Kirche beleidigenden Text werden in Paris, in der Provinz und sogar an der Schlafzimmertür des Königs angeschlagen. François I. entschließt sich zur Vergeltung.

Eine unüberlegte Aktion

  • Schloss von Blois (41)

In der Nacht vom 17. auf den 18. Oktober 1534 werden in Paris sowie in der Provinz in Orléans und Amboise, wo sich gerade der Hof aufhält, Plakate verteilt oder angeschlagen, deren Text sich gegen die katholische Messe richtet. Eines dieser Plakate wird sogar im Schloß von Blois an der Tür zum Schlafzimmer des Königs François I. aufgefunden. Sie enthalten eine scharfe Verurteilung der Messe, deren Ritus als „Ausbund der Hexerei“ beschimpft wird, und beschuldigen den Papst, die Bischöfe, die Priester und die Mönche der Lüge und der Gotteslästerung.

Diese Plakate sind in Neuchâtel (Schweiz) von dem Pastor Antoine Marcourt in Druck gegeben worden. Marcourt gehört zu einer Gruppe von Franzosen, die in die Schweiz geflohen sind und sich dort um Guillaume Farel versammelt haben.

König und Kirche holen zum Gegenschlag aus

Bisher sind die Protestanten von der königlichen Gerichtsbarkeit verfolgt und bisweilen als Ketzer hingerichtet worden ; der König selbst hat ihnen gegenüber jedoch stets Toleranz und Nachsicht geübt. Sein innigster Wunsch war es, die Einheit der Christenheit wieder herzustellen : ein Vorhaben, an dem Kaiser Karl V. gescheitert war. François I. hat einen Vermittler zu den bedeutendsten deutschen und schweizerischen Reformatoren entsandt.

Für den König bedeuten die Plakate nicht nur das Scheitern seiner Bemühungen um Ausgleich und Versöhnung ; er sieht in ihnen auch einen organisierten Anschlag auf seine Königsmacht. Die Plakat-Affäre löst bei Hofe helle Empörung aus. Der König ringt sich dazu durch, sein Reich vor der « Ketzerei » zu bewahren und setzt seinen Unterdrückungsapparat in Gang. In Paris und in der Provinz werden zahlreiche Verdächtige vorgeladen, eingesperrt, verurteilt und oft sogar hingerichtet. Viele Protestanten und Kirchenkritiker fliehen aus Frankreich.

Im Januar 1535 ruft die katholische Kirche in allen Gemeinden von Paris zu einer Sühneprozession auf, an der auch der König teilnimmt. Zur Feier des Tages werden sechs „Ketzer“ auf den Scheiterhaufen geworfen.

Der Titel der Plakate lautete :

Wahrhaftige Klage gegen die schrecklichen, großen und unerträglichen Mißbräuche der papistischen Messe, die geradeheraus gegen das Heilige Abendmahl unseres Herrn Jesus Christus, unseres einzigen Mittlers und Erlösers, ins Werk gesetzt ist.

Bibliographie

  • Bücher
    • BERTHOUD Gabrielle, Antoine Marcourt : Réformateur et pamphlétaire, du Livre des marchands aux placards de 1534, Droz, Genève, 1973

Dazugehörige Rundgänge

Dazugehörige Vermerke

  • Guillaume Farel (1489-1565)

    Farel ist der Reformator der französischen Schweiz und hat besonders in Neuchâtel gewirkt. Er ist Prediger und Organisator sowie Verfasser einer Liturgie in französischer Sprache.
  • Die Verschwörung von Amboise (1560)

    Die protestantische Partei versucht, den König zu entführen, um ihn dem Einfluß der Guises zu entziehen.
  • Das Massaker von Wassy (1562)

    Für die Protestanten beginnen die Religionskriege mit dem Massaker von Wassy. Für die Katholiken werden sie von der Eroberung von Orléans durch Louis de Condé ausgelöst.
  • Das Religionsgespräch von Poissy (1561)

    Um es nicht zu einem Bürgerkrieg zwischen Katholiken und Protestanten kommen zu lassen, lädt Katharina von Medici Theologen beider Parteien zu einem Religionsgespräch in Poissy ein. Das Vorhaben scheitert.
  • Der Aufschwung des Protestantismus in Frankreich (1520-1562)

    Luthers Ideen verbreiten sich in Frankreich ab 1520. Der Obrigkeit gelingt es zunächst, den Einzug der Reformation zu verhindern. Ab 1540 bildet sich jedoch unter dem Einfluß von Calvin eine...