Die Pfingstkirchen

Die Pfingstbewegung ist die Konfession, die heute weltweit die größte Zahl an Protestanten an sich zieht. Ihre Zahl wird auf etwa 150 Millionen Gläubige geschätzt. In Frankreich erscheinen sie erstmal in den 1930er Jahren; die „Assemblées de Dieu“ und „la Mission Évangélique Tzigane“ sind ihre bedeutendsten Strömungen.

Geschichte

Die aus der Begegnung zwischen afro-amerikanischer Geistlichkeit und gewissen Elementen methodistischer und katholischer Frömmigkeit hervorgegangene Pfingstbewegung wurde 1906 in den USA vom schwarzen Evangelisten William James Seymour (1872-1922) ins Leben gerufen und verbreitete sich rasant im ganzen Land.

Aufgrund der Bedeutung der mündlichen Verständigung, die den Schwerpunkt auf das Werk des Heiligen Geistes legt, findet die Pfingstbewegung in den Ländern der Dritten Welt sehr schnell großen Anklang. In Afrika, Korea, China und Lateinamerika nimmt die Gründung von Pfingstkirchen, die Elemente ihrer vorchristlichen Kultur erfolgreich integrieren, ein großes Ausmaß an.

Europaweit ist die Pfingstbewegung in Osteuropa, der Schweiz und Skandinavien sehr präsent. In Frankreich steht die Lebendigkeit des im 19. Jahrhundert entstandenen, um das Einhauchen eines lebendigeren, missionarischeren Glaubens bemühte Réveil (Erweckung) im Einklang mit einer auf einem Erlebnis basierenden Bewegung, das jeder Gläubige durch die „Geistestaufe“ erfahren kann, welche ihm besondere Gaben verleiht, so die Zungenrede, die Gabe der Prophetie und die Gabe der Heilung.

Mit der rasanten Verbreitung der Pfingstkirchen in den Ländern der Dritten Welt und Osteuropa betritt die Bewegung dann die ökumenische Szene. Zwischen dem Ökumenischen Rat der Kirchen/ÖRK und den Pfingstkirchen haben mehrere Treffen stattgefunden, zwölf der größten Pfingstkirchen gehören ihm an.

Dialoge fanden auch mit dem Vatikan, dem Reformierten Weltbund und den orthodoxen Kirchen statt.

Die Lehre

Nach Meinung der Pflingstler geht es darum, zu den Ursprüngen der Urkirche zurückzukehren und das Erlebnis der apostolischen Zeiten und insbesondere des Pfingsttags erneut zu erleben. Somit liegt die Grundidentität der Pfingstbewegung im Erleben des Heiligen Geistes, das die Gläubigen „Geistestaufe” nennen, und für das die „Zungenrede“ oder Glossolalie kennzeichnend ist. Dabei sprechen sie eine verstehbare, aber dem sich Äußernden unbekannte Sprache oder, wie meist der Fall, sie lobpreisen Gott oder sprechen ein Gebet, das kein Wort einer existierenden Sprache verwendet.

Der Pfingstler glaubt, dass die Gabe der Prophetie und die Gabe der Heilung, für ihn zwei wesentliche Argumente der Evangelisierung, sowie alle in der Apostelgeschichte und den Paulusbriefen erwähnten Gaben sich auch heute noch manifestieren können…“ denn einem wird durch den Geist das Wort der Weisheit gegeben, einem anderen das Wort der Erkenntnis; einem anderen Gnadengaben der Heilungen, einem anderen Wunderwirkungen, einem anderen die Prophetie, einem anderen Unterscheidungen der Geister, einem anderen Arten von Sprachen, einem anderen Auslegung der Sprachen…“ (1 Korinther 12.7-11).

Die Pfingstkirchen stehen in der protestantisch-evangelischen Tradition und nehmen auf die großen Prinzipien der Reformation Bezug – das Heil durch die Gnade, die Autorität der Bibel, das Priestertum aller Gläubigen – und bekennen „das Evangelium der vier Eckpunkte“ Jesus rettet, Jesus tauft, Jesus heilt, Jesus kehrt zurück.

Zahlreiche Anhänger dieser Kirchen sind sich dieser Zugehörigkeit allerdings nicht bewusst und gewisse Kirchenhistoriker sehen in der Pfingstbewegung eine getrennte Form des Christentums.

Die meisten der zu Ende der 1970er Jahre entstandenen charismatischen Gemeinden gingen aus der Pfingstbewegung hervor. Die traditionellen Kirchen übertreffen sie jedoch in ihrem echten Anstreben einer Einheit. Der Katholizismus hat sich in der charismatischen Erneuerung stark engagiert, innerhalb der Bewegung existieren allerdings sehr unterschiedliche Strömungen, deren Merkmale stark von der Persönlichkeit ihres Gründers abhängen.

Organisation der Pfingstkirchen

Die Organisation dieser Kirchen ähnelt der der Baptistenkirchen bzw. der meisten evangelikalen Kirchen. In einem Punkt unterscheidet sie sich jedoch: die auf die Ämter, vor Allem das Hirtenamt, übertragene Autorität, da der volkstümliche Ursprung dieser Gemeinschaften und jedermanns freie Äußerung seiner Gaben zu eigenen Auslegungen führt.

Zudem sind diese Kirchen sehr unabhängig voneinander und jede ist eng um ihren Pastor herum versammelt.

Die Pfingstkirchen gehören nicht der Fédération protestante de France (Protestantischer Bund von Frankreich) an; eine Ausnahme bilden neun Kirchenunionen, darunter die Mission évangélique Tzigane (evangelische Mission der Roma in Frankreich), die mit etwa 100.000 Mitgliedern und über 100 von etwa 50 Pastoren und 1200 Predigern belebten Gotteshäusern die größte davon ist.

Im Laufe der Zeit verspüren viele Pfingstler das Bedürfnis, an ihre Wurzeln anzuknüpfen und ihre Zugehörigkeit zur protestantischen Familie kundzutun. In den Assemblées de Dieu wird dies heutzutage debattiert.

Die Verbreitung der Pfingstbewegung

Die rasante Verbreitung der Pfingstbewegung, besonders in den Ländern der Dritten Welt, beschäftigt, ja irritiert die konkurrierenden Kirchen. Manche Soziologen weisen darauf hin, dass die Entwicklung der Pfingstkirchen parallel zur Migration großer Bevölkerungen vom Land in die Stadt stattfindet, sodass sie von ihren kulturellen Wurzeln und traditionellen religiösen Bräuchen abgeschnitten werden. Die Pfingstbewegung begeistert dann durch ihren tröstenden Gottesdienst, überschwängliche, rhythmische Musik, die Praxis des Lebenszeugnisses, durch die sich jeder mit der Geschichte des anderen verbunden fühlen kann, sowie die bei Gottesdiensten und Versammlungen punktuell eintretenden Wunder, die anscheinend beweisen, dass Gott in diesen Gemeinschaften heute noch wirkt.

Die von gewissen Gemeinden der Frau übertragene Bedeutung sorgt für eine sehr neue Weise, Gott zu empfangen, und eine sanfte Unterwanderung der jahrhundertalten patriarchalischen Theologie der Christen.

Weiterhin hat für diese Bevölkerungen die mündliche Verständigung in ihren Kirchen eine viel realere Bedeutung als der intellektuelle Aspekt der protestantischen Kirchen. Somit bieten die Pfingstgemeinden Gruppen von Menschen, die ihre traditionellen Bezugspunkte verloren haben, einen geistlichen, moralischen und zuweilen materiellen Rahmen.

Allerdings erklärt die als unzureichend gründlich beurteilte theologische Ausbildung der Pastoren das Misstrauen der historischen Kirchen gegenüber der Pfingstbewegung, deren Gemeinschaften zuweilen als Sekten behandelt wurden; die Situation entwickelt sich aber weiter und immer mehr Pflingstler wünschen sich diese ihnen mangelnde theologische Ausbildung.

Das Misstrauen besteht aber auch auf Seiten der Pfingstler, die sehr eifrig evangelisieren und mit großer Hingabe bekehren, um gleichzeitig auf eine stark ausgeprägte Form der Frömmigkeit zu bestehen: Im Extremfall halten sie Nicht-Pfingstler für Christen, denen das Wesentliche entgeht.

Wie wird sich die Pfingstbewegung weiter entwickeln? Wird sie sich den protestantischen Kirchen annähern? Wird sie sich von einem gewissen biblischen Fundamentalismus lösen und für eine solide theologische Ausbildung ihrer Pastoren entscheiden? Wird sie durch die Charismatische Bewegung abgeschwächt werden?

Die weitere Entwicklung der Pfingstbewegung ist somit offen.

Bibliographie

  • Bücher
    • BRANDT-BESSIRE Daniel, Aux sources de la spiritualité pentecôtiste, Labor et Fidès, Paris, 1994
    • COX Harvey, Retour de Dieu – Voyage en pays pentecôtiste, Desclée de Brouwer, Paris, 1994

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