Der Protestantismus in England im 17. Jahrhundert

Die Konflikte zwischen Monarchie und Parlament führen zum Bürgerkrieg und zur ersten englischen Revolution, die Oliver Cromwell und die Puritaner an die Macht bringt. Die religiösen Konflikte ziehen eine erste Auswanderungswelle nach Nordamerika nach sich.

Die Herrschaft Jakobs I.

Die Bibel King James (1611) © Private Sammlung
Jakob VI., König von Schottland © Private Sammlung
Briefmarke: Darstellung der Einschiffung der Puritaner auf die Mayflower im Jahre 1620 © Private Sammlung

Beim Tod von Elisabeth I. ist Jakob VI. Stuart von Schottland der Erbe des Throns von England, den er unter dem Namen Jakob I. besteigt und damit eine Personalunion zwischen England und Schottland verwirklicht. Da er im schottischen Calvinismus erzogen worden ist, schürt er die Hoffnungen der englischen Calvinisten, die ein presbyteriales System einsetzen wollen, aber sie werden schnell enttäuscht, denn Jakob I. bekehrt sich zum Anglikanismus. Seine Oberhoheit im religiösen Bereich verstärkt seinen Wunsch nach einer absoluten Monarchie. Er lässt allerdings den Priestern eine gewisse Freiheit, um ihre Versammlungen zu führen und die Liturgie des Prayer Book zu benutzen. Diejenigen, die das Kreuzzeichen oder das Niederknien vernachlässigen, bleiben unbehelligt. Und die Kirche Englands erfreut sich in den 20er Jahren des 17. Jahrhunderts einer großen Einmütigkeit.

Doch eine Minderheit Calvinisten lehnt die Kirche von England ab. Sie werden verfolgt und einige wandern in die Niederlande aus oder nach Amerika (die „Pilger der Mayflower“ 1620).

Um die Genfer Bibel zu verdrängen, die in seinen Augen zu calvinistisch ist, lässt Jakob I. eine neue Übersetzung anfertigen, das Werk von 47 Gelehrten, die „King James“, eine Version, die bis zum 20. Jahrhundert in Gebrauch sein wird und die in der ganzen englischen Literatur präsent ist. Werden andere Übersetzungen auch privat geduldet, so ist diese neue Version die einzige, die in der Kirche gelesen werden darf.

Die Herrschaft Karls I. (1625-1649)

William Laud, Erzbischof von Canterbury © Wikipédia

Sein Sohn Karl I., ein Anhänger des Absolutismus, versucht, seine Autorität auf das Parlament auszudehnen und befindet sich daher im Widerstreit mit ihm. Er ernennt Laud zum Erzbischof von Canterbury und versucht mit seiner Hilfe, den Gottesdienst in der Kirche von England strenger zu reglementieren. Er verpflichtet die Geistlichen, sich buchstabengetreu an das Prayer Book zu halten und Priestergewänder zu tragen. Den Gläubigen schreibt er vor, für die Kommunion niederzuknien, sich zu bekreuzigen usw. Die Kirchen lässt er mit heiligen Bildern schmücken. Viele Engländer haben den Eindruck, dass Laud den römischen Katholizismus wieder einführen will. Die Calvinisten, die unter Jakob I. einen modus vivendi gefunden hatten, lehnen sich auf und verlassen die Kirche von England.

In Schottland zwingt Karl I. den Presbyterianern die Riten des Anglikanismus auf, besonders das Scottish Book of Common Prayer. Gegenüber der Rebellion des Klerus und der Gläubigen bleibt der König stur. Seine Haltung löst eine bewaffnete Revolte aus. Um dieser Revolte Herr zu werden, ist der König gezwungen, das Parlament einzuberufen, das seit elf Jahren nicht mehr zusammengekommen war. Das Unterhaus wird von den Gegnern der königlichen Macht beherrscht. Der Konflikt mit dem Parlament führt zum Bürgerkrieg.

Der Bürgerkrieg (1642-1649)

Der Bürgerkrieg ist zunächst ein Machtkampf zwischen dem König und dem Parlament. Er wird von einem religiösen Konflikt überlagert, da sich die Presbyterianer Schottlands und die, die mit der Politik von Laud unzufrieden sind, mit dem Parlament verbünden. Die erste Handlung des Parlaments ist die Absetzung von Laud, seine Verhaftung und dann seine Hinrichtung 1643.

Vor der Rebellion des Parlaments und der Londoner Bevölkerung verlässt der König London, zieht sich nach Nottingham zurück und rekrutiert dort eine Armee. Im Bürgerkrieg (1642-1649) stehen sich die Anhänger des Königs oder „Reiter“ (Anglikaner, Hochadel, Bauern) und die „Rundköpfe“ genannten Anhänger des Parlaments (Calvinisten, Stadtbürger, niedriger Adel) gegenüber. Bald hebt sich Oliver Cromwell hervor, ein Edelmann vom Land, der auf seine Kosten eine Reitertruppe ausgehoben hatte, die nach demokratischem Prinzip mit gewählten Offizieren organisiert war. Vom Parlament zum Leutnant der Kavallerie ernannt, wird er damit beauftragt, die Armee neu zu organisieren, die zu einer Armee neuer Art wird: „the new model army“. Die Offiziere leiteten oft Gebete und predigten sogar.

Diese Armee unter der Führung Cromwells fügt 1645 den königlichen Armeen eine schwere Niederlage zu. Karl I. flüchtet nach Schottland, wird aber 1647 von den Schotten dem Parlament ausgeliefert. Dieses wollte die königliche Macht zwar begrenzen, aber nicht die Monarchie abschaffen. Doch die Armee übernimmt die Macht und ein Fluchtversuch Karls I. liefert Cromwell den Vorwand, das Parlament aufzulösen. Das neue Parlament, das nur noch aus extremistischen Puritanern besteht, verurteilt den König zum Tode. Er wird 1649 enthauptet.

Oliver Cromwell

Beschützer-Lord Oliver Cromwell (1599-1658) in England, Puritaner

Im Jahre 1649 wird England zur Republik, obwohl die Anhänger der Republik in der Minderheit sind. Oliver Cromwell wird 1653 zum Lord Protektor ernannt und seine Macht wird immer grenzenloser.

Das Parlament hatte schon seit Anfang des Bürgerkrieges das Episkopat und das Prayer Book abgeschafft und ein presbyteriales System gefördert, das aber nur in London und im Lancashire angewandt wurde. Oliver Cromwell war kein Presbyterianer, sondern „unabhängig“, das heißt„Kongregationalist“. Er unterstützt die Gründung von „unabhängigen“ Gemeinden, übt aber eine gewisse religiöse Toleranz, außer in Bezug auf die Katholiken. Anlässlich der Revolte Irlands werden die Katholiken niedergemetzelt. Diese Zeitspanne wird die „Herrschaft der Heiligen“ genannt, das heißt der Puritaner. Sie sieht die Gründung zahlreicher religiöser Gemeinschaften. Ihr Verfechter ist der große englische Dichter John Milton.

Die Puritaner

Puritaner-Tempel in Halifax (Yorkshire, England) © Collection Privée
Georges Fox © Collection Privée
William Penn, Briefmarke © Collection Privée

Der Name „Puritaner“ ist 1560 von ihren Gegnern einer gewissen Gruppe Protestanten gegeben worden, die dem Calvinismus anhängen, in der Reform der Kirche aber weiter gehen wollten. Sie hatten einen Streit über die Gewänder der Geistlichen ausgelöst, denn sie wollten die Kirche von allem Schmuck reinigen. Sie forderten eine einfachere Liturgie und stellten sich der strengen Anwendung des Prayer Book entgegen. Aber vor allem wollten sie ein presbyteriales System einführen, was von Seiten Elisabeths I. zu einer heftigen Unterdrückung führte.

Zu Beginn des 17. Jahrhunderts nahmen die Puritaner die Thronbesteigung Jakobs I. mit Wohlwollen auf. Vor seinem Übertritt zum Anglikanismus begannen einige, nach Amerika auszuwandern, aber die Mehrheit bleibt im Schoß der Kirche von England, wo sie geduldet werden. Unter Karl I. erhärtet sich die Opposition und während des Bürgerkriegs triumphieren die Puritaner und übernehmen unter dem Protektorat von Cromwell die Macht. Aber diejenigen, die man Puritaner nennt und wegen ihrer Sittenstrenge, ihrer unnachgiebigen Moral und ihrer strengen Einhaltung der Sonntagsruhe verspottet, bilden keine einheitliche Gruppe. Mehrere Tendenzen lassen sich ausmachen.

Die Presbyterianer bilden die größte Gruppe. Sie sind Calvinisten, die für ordinierte Geistliche Freiheit in der Predigt des Evangeliums fordern. Sie versuchen, ein presbyteriales System zu errichten.

Die Unabhängigen oder Kongregationalisten, zu denen Oliver Cromwell gehört, hängen zwar der calvinistischen Theologie an, wollen aber eine Autonomie der Gemeinden. Unter Cromwell werden einige Gemeinden unabhängig, andere entstehen außerhalb der bestehenden Gemeinden. Sie werden von ordinierten Geistlichen geführt.

Die Baptisten praktizieren die Erwachsenentaufe, um den Eintritt in die Kirche der „Heiligen“ anzuzeigen. Sie stehen unter dem Einfluss der holländischen Mennoniten, Nachfolger der Wiedertäufer. Einige hängen weiterhin dem Calvnismus an, aber andere lehnen die Prädestination ab. Die moralische Disziplin ist streng.

Millenaristische Gemeinschaften bilden sich unter den günstigen Bedingungen der politischen und religiösen Krise. Vom biblischen Buch Daniel und der Offenbarung ausgehend erwarten einige das tausendjährige Reich Christi und auf das Jahr 1666 konzentrieren sich diese Erwartungen (denn 666 ist die Zahl des Tieres in der Offenbarung des Johannes).

Einige Gemeinschaften stellen die soziale und politische Ordnung in Frage, um ein neues Jerusalem zu gründen. Da sie das Millenium nicht kommen sehen, lösen sich diese recht uneinheitlichen Bewegungen nach und nach auf. Sie werden oft von „inspirierten“ Laien geleitet.

Die Quäker oder „Zitterer“ sind Anhänger dieser Gruppen Inspirierter. Für sie ist das innere Licht wichtiger als die Schrift und allen zugänglich. George Fox, ihr Begründer, ist ein inspirierter Laie. Er lehnt jeglichen Gottesdienst, jegliche Hierarchie ab, verkündet die Brüderlichkeit und Gleichheit zwischen den Menschen. Die „Gesellschaft der Freunde“ wird 1668 gegründet: die Teilnehmer an den Versammlungen drücken ihre innere Erleuchtung durch improvisierte Reden aus, durch Gesten und Zeichen der Begeisterung, durch Zittern (Quäker = Zitterer). George Fox verfolgt eine sehr provokante, gar unverschämte Taktik gegenüber dem Klerus und den Amtsträgern, was ihm zahlreiche Probleme schafft. Er wird mehrmals verhaftet. Sein Charisma und sein Organisationstalent werden der Bewegung erlauben, sich trotz der Verfolgungen unter der Herrschaft Karls II. zu halten. Die Bewegung bejaht danach den Pazifismus und orientiert sich zur Mystik und der Suche nach dem Königreich in sich selbst. Der Quäker William Penn, Sohn eines Admirals, der in Frankreich bei Moise Amyraut studiert hat, gründet 1682 in Nordamerika die Kolonie Pennsylvanien.

Da die Quäker den Wehrdienst und den Treueid für die Herrscher verweigerten, hatten sie zahlreiche Schwierigkeiten, aber ihre Toleranz, ihre sozialen und pädagogischen Hilfswerke machten aus ihnen die Pioniere späterer Kämpfe, sowohl gegen die Sklaverei als auch für die Menschenrechte.

Die Restauration: die Herrschaft Karls II. (1660-1685) und Jakobs II. (1685-1688)

Der Pilgrim’s Progress von John Bunyan © USA Library of Congress

Beim Tod Cromwells 1685 stellt sich sein Sohn Richard, der zu seinem Nachfolger ernannt worden war, gegen die Armee und dankt ab. Die Engländer haben genug von der Militärdiktatur und wenden sich an den Sohn Karls I., der 1660 unter dem Namen Karl II. König wird, nachdem er eine Generalamnistie und Gewissensfreiheit versprochen hat. Karl II. stellt die Kirche von England und das Episkopat wieder her. Versuche, die Liturgie des Prayer Book in einem presbyterialen Sinn aufzulockern, scheitern und 20% der Geistlichen verlassen ihre Gemeinde. Die Puritaner (oder Dissidenten) werden verfolgt: Versammlungsverbot, Ausschluß von örtlichen Ämtern, Verhaftung. Man zählt 8.000 Personen, die aus religiösen Gründen verhaftet werden, unter ihnen viele Quäker und Baptisten. Der bekannteste ist John Bunyan, der im Gefängnis sein berühmtes Buch „The Pilgrim’s progress“ geschrieben hat, das das meist übersetzte Buch nach der Bibel werden sollte.

Der Bruder von Karl II., Jakob II. (1685-1688), ist zum Katholizismus übergetreten, wird aber König, indem er schwört, die Kirche Englands zu verteidigen. Aber er umgibt sich mit Jesuiten und vereint gegen sich die Anglikaner und die Dissidenten. Bei der Geburt seines Sohnes riefen seine Gegner den Schwiegersohn von Jakob II. zu Hilfe, den Statthalter von Holland, Wilhelm von Oranien, der nach der Flucht des Königs als Regent des Königreiches anerkannt wird. Dann regiert er als König mit seiner Frau Maria unter den Namen Wilhelm III. (1689-1702) und Maria II.

Wilhelm und Maria (1688-1702): die Glorreiche Revolution

Guillaume, Prinz von Orange © S.H.P.F.

Der Calvinist Wilhelm und seine Frau Maria haben ohne Blutvergießen den englischen Thron besteigen können. Darum haben die Engländer dieser Zeit den Namen „Glorreiche Revolution“ gegeben. Der neue Herrscher lässt England und die Vereinigten Provinzen in den Krieg der Augsburger Allianz gegen Ludwig XIV. antreten, was auf Seiten der in Frankreich verfolgten Protestanten Hoffnungen weckt, die schnell enttäuscht werden.

Im religiösen Bereich zielt alles auf Befriedung, aber 400 Geistliche und sechs Bischöfe weigern sich aus Loyalität gegenüber Jakob II. und den Stuarts, Wilhelm den Treueeid zu leisten, und werden aus der Kirche von England ausgeschlossen. Dagegen versucht der Calvinist Wilhelm, die presbyterianischen Pfarrer wieder in den Schoß der Kirche von England zu integrieren, aber dieses Projekt scheitert.

Die wichtigste Akte dieser Zeit ist die Toleranzakte vom 24. Mai 1689, die die Strafen gegen die „Nicht-Konformisten“ aufhebt, das heißt die Protestanten, die nicht zur Kirche von England gehören, unter der Bedingung, dass sie den Treueid leisten. Außerdem werden Orte für den nicht-konformistischen Gottesdienst erlaubt. In dieser Zeit herrscht relative Toleranz für die religiösen Minderheiten, die die Katholiken noch nicht einschließt.

Der Rationalismus und der Begriff der Toleranz gewinnen nach und nach an Boden. Darum zeichnet sich eine neue Bewegung innerhalb der Kirche von England ab, die zum Ziel hat, die theologischen Streitigkeiten zum Schweigen zu bringen. Sie betont die Reform der Sitten und die Frömmigkeit mehr als die Dogmen und die Arten der kirchlichen Leitung. Man nennt sie die „Low Church“. Durch ihr Beispiel und ihre Inbrunst geben die Pfarrer dieser Tendenz der Kirche von England einen neuen Aufschwung.

Da die Kinder von Wilhelm und Maria nicht überlebt haben, lässt der König vom Parlament die Nachfolgeakte von 1701 verabschieden, die jeglichen katholischen Monarchen vom Thron Englands ausschließt und die Nachfolge der Protestantin Anna, der Schwester von Maria, dann die des Hauses von Hannover sichert.

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Bibliographie

  • Bücher
    • MILLER John, L’Europe protestante aux XVIe et XVIIe siècles, Belin-De Boeck, 1997
    • PICTON Hervé, Histoire de l’Église d’Angleterre, Ellipses, 2006
    • VIDLER Alec R., The Church in an age of revolution, Penguin Books, 1990, 1

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