Die Gemeinsame Erklärung (1999)
Die 1999 unterzeichnete Erklärung befasst sich mit den Lehrmeinungen über die Rechtfertigung durch den Glauben der Lutheraner einerseits und der Katholiken andererseits, das zentrale Thema der Reformation im 16. Jahrhundert. Sie beendet, was diesen Punkt betrifft, die offiziellen Lehrverurteilungen, die zur Zeit der Reformation ausgesprochen worden waren.
Die Umstände der Unterzeichnung
Die Erklärung ist das Ergebnis von 1967 begonnenen Diskussionen zwischen Lutheranern und Katholiken, die von zahlreichen Dokumenten begleitet wurden, darunter: „Sind die Verurteilungen des 16.Jahrhunderts noch aktuell?“ (1986)
Vollendet 1997, vorgelegt 1998, wird sie offiziell mit einem Zusatzdokument am 31. Oktober 1999 unterzeichnet, dem Jahrestag des Anschlags der 95 Thesen von Luther 1517. Die Wahl der Stadt Augsburg in Deutschland bezieht sich auf das Augsburger Bekenntnis, dem grundlegenden Text des Luthertums, der 1530 Karl V. vorgelegt wurde.
Die Unterzeichner sind Kardinal Edward Cassidy, Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen und Bischof Christian Krause, Präsident des Lutherischen Weltbundes.
Das Originaldokument ist auf Deutsch verfasst.
Die Erklärung wird 2006 in Seoul auch von dem Weltrat der Methodistischen Kirchen, der Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen (CMER) und dem Anglikanischen Bund unterzeichnet.
Herausforderungen
Es handelt sich um einen differenzierten Konsens, eine Einigung wurde erzielt, aber Unterschiede in der Interpretation bleiben bestehen.
Die Erklärung hat nichtsdestoweniger eine besondere Bedeutung durch ihr Thema, die Rechtfertigung durch den Glauben, die während der protestantischen Reformation ein Hauptgrund der Spaltung zwischen Katholiken und Protestanten war.
Vor allem wird die Erklärung als eine Etappe auf dem ökumenischen Weg zur Interkommunion vorgestellt, was den Willen bezeugt, den Dialog fortzuführen.
Ort und Datum der Unterzeichnung sowie die Eigenschaft der Unterzeichner verstärken den Symbolcharakter der Erklärung.
Inhalt der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigung
Der Text umfasst ein Vorwort und fünf Kapitel, die aus 44 Artikeln bestehen.
Das Vorwort erinnert in Artikel 1 daran, dass „ die lutherischen Bekenntnisse und das Konzil von Trient der römisch-katholischen Kirche Lehrverurteilungen ausgesprochen haben, die heute noch gültig sind und deren Folgen Gründe sind für die Spaltung zwischen den Kirchen“.
Aber in Artikel 5 stellt das Vorwort klar, dass, was die Rechtfertigung betrifft, „ die Entwicklungen, die verschieden bleiben… keine Lehrverurteilungen mehr hervorrufen können.“
Kapitel 1, Die biblische Botschaft der Rechtfertigung, erklärt die Bedeutung der Rechtfertigung ausgehend von den Versen der Bibel, vor allem von den Paulus-Briefen: die Rechtfertigung ist die Vergebung der Sünden, die Vereinigung mit Christus, sie kommt allein von Gott durch die Gnade mittels des Glaubens an das Evangelium.
Kapitel 2 , Die Rechtfertigungslehre als ökumenisches Problem, erklärt, dass ein gemeinsames Verständnis der Rechtfertigung erlaubt, zu einem ökumenischen Dialog über die Wahrheit dieser Lehre zurückzufinden.
Kapitel 3, Das gemeinsame Verständnis der Rechtfertigung, erklärt den erreichten Konsens: „Wir bekennen gemeinsam: allein durch die Gnade mittels des Glaubens an das rettende Handeln Christi und nicht aufgrund unseres Verdienstes sind wir von Gott angenommen und empfangen den Heiligen Geist, der unsere Herzen erneuert , uns befähigt und uns aufruft, gute Werke zu vollbringen.“
Kapitel 4, Die Entwicklung des gemeinsamen Verständnisses der Rechtfertigung, ist das Herzstück des Dokumentes. Es umfasst sieben Unter-kapitel, von denen jedes drei Artikel enthält, die nacheinander den Konsens ausdrücken:“ Wir bekennen gemeinsam, dass…“ und jeden Standpunkt aus der Sicht der Lutheraner und der Katholiken.
Die sieben Unter-kapitel haben folgende Titel:
- die Unfähigkeit und die Sünde des Menschen in Blick auf die Rechtfertigung
- die Rechtfertigung vergibt die Sünden und macht gerecht
- Rechtfertigung durch die Gnade mittels des Glaubens
- das sündhafte Sein des Gerechtfertigten
- Gesetz und Evangelium
- die Gewissheit des Heils
- die guten Werke des Gerechtfertigten
Was diesen Punkt betrifft, so ist der Konsens, dass die guten Werke (christliches Leben in Glauben, Hoffnung und Liebe) die Folgen der Rechtfertigung sind: das ist der Grund dafür, dass die Christen dazu aufgerufen sind, Werke der Liebe zu vollbringen.
Die Katholiken sind der Meinung, dass ein himmlischer Lohn für diese Werke versprochen ist, und dass diese dazu beitragen, in der Gnade zu wachsen. Die Lutheraner ihrerseits denken, dass die guten Werke nur die Früchte der Rechtfertigung sind, aber keine eigenen Verdienste.
Kapitel 5, Die Bedeutung und die Tragweite des erreichten Konsenses, bezeichnet das Ende der Lehrverurteilungen über die Rechtfertigung und zählt die weiteren Hauptpunkte der Lehre auf, die später geklärt werden müssen. Die Erklärung zur Rechtfertigung ist eine solide Grundlage, die erlaubt, die Klarstellung dieser weiteren Punkte fortzuführen.
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Bibliographie
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