Ein Schulwesen für die Protestanten
Unterstützt von verschiedenen Bibelgesellschaften wünschte die protestantische Gemeinschaft die Schaffung protestantischer Schulen, um jedem Protestanten eine persönliche Beziehung zur Bibel zu ermöglichen. Der Sekretär der 1829 gegründeten Gesellschaft zur Förderung der Grundschulausbildung unter den Protestanten in Frankreich (SEIPF) schrieb 1830, „jeder Protestant sollte das Evangelium selbst lesen, darüber nachdenken und die darin enthaltenen erhabenen Wahrheiten und göttlichen Unterweisungen für sich selbst beurteilen können“, ein Bemühen, das „heute an der absoluten Ignoranz eines großen Teils unserer Bevölkerung scheitert“ (zitiert von J.-Cl. Vinard, Les écoles primaires protestantes en France de 1815 à 1885, Montpellier, 2000 : « (…) se briser aujourd’hui contre l’ignorance absolue d’une grande partie de notre population »).
Linien der Schulpolitik
Hier geht es um Meilensteine der Schulpolitik des 19. Jahrhunderts. In diesem Rahmen entwickelten sich die protestantischen Tätigkeiten.
Das Gesetz vom 28. Juni 1833 von Guizot ist ein wesentliches Element dieser Entwicklung. Das Gesetz verpflichtete die Gebietskörperschaften, drei Arten von Einrichtungen bereitzustellen : eine Grundschule in jeder Gemeinde, eine Mittelschule (école primaire supérieure) in jeder Departementhauptstadt oder Stadt mit mehr als 6 000 Einwohnern, ein Volksschullehrerseminar in jedem Departement. Das Gesetz gewährte Lehrfreiheit, denn jeder, der Lehrlaubnis hatte, konnte eine Grundschule eröffnen, aber alle öffentlichen und privaten Einrichtungen blieben unter der Kontrolle der Überwachungskommissionen der Gemeinden oder der Stadtbezirke (arrondissements). In den darauffolgenden Jahren erfolgten die Schaffung der Schulinspektion mit ihren Inspektoren, die gesetzliche Regelung der « Salles d’asiles » (Vorläufer unserer Vorschulen) und der Erwachsenenbildung, die zugenommen hatte. Schließlich wurden Grundschulen für Mädchen auf freiwilliger Basis geschaffen. Jedoch war der Grundschulunterricht weder konfessionslos noch Pflicht noch kostenlos. Diese Prinzipien wurden erst mit der Revolution von 1848 proklamiert. Das Gesetz Falloux (März 1850) gewährleistet die Freiheit des höheren Unterrichtswesens, schafft die Mittelschulen (EPS) ab und verstärkt die kirchlichen Vorrechte im Schulwesen.
Mit Jules Ferry und dem Protestanten F.Buissondem damaligen Direktor des Grundschulwesens (s. Die Protestanten und das republikanische Unterrichtswesen) führte die Schulpolitik der 3. Republik die Unentgeltlichkeit des Grundschulunterrichts (Juni 1881), die Schulpflicht für Kinder zwischen 6 und 13 Jahren und die Bekenntnisneutralität der Lehrpläne (März 1882) ein. Gleichzeitig wurde der Religionsunterricht vom Unterricht in Moral und Gemeinschaftskunde ersetzt. Das Gesetz zur Trennung von Kirche und Staat wurde am 9. Dezember 1905 verabschiedet. Die Protestanten waren , wie man weiss, dafür. « Und im Gegensatz zu den Katholiken, die ihre Schulen zahlenmässig vermehrten, setzten sie soviel Vertrauen in die entstehende, konfessionslose Schule, dass sie ihre Lehrerseminare, das von Boissy Saint -Léger ausgenommen, und die meisten ihrer Volksschulen schlossen. » ( Marc Boegner, zitiert von J.-Cl.Vinard : « à la différence des catholiques qui multiplient leurs écoles, ils font tant de confiance dans l’école laïque naissante qu’ils ferment leurs écoles normales, sauf celle de Boissy-Saint-Léger, et la plupart de leurs écoles primaires »).
Viele Privatinitiativen entstanden auf Gebieten, deren sich das staatliche Unterrichtswesen nicht annahm : Vorschulen, aber auch Berufsschulen (établissements d’enseignement technique). Diese oftmals bemerkenswerten Experimente begünstigten die Entwicklung des staatlichen Unterrichtswesens.