Die Generalsekretäre des Ökumenischen Rates der Kirchen
Der Generalsekretär des ÖRK wird für ein erneuerbares Mandat von fünf Jahren gewählt.
Ernannt wird er von den auf der Vollversammlung gewählten Mitglieder des Zentralkomitees. Der Generalsekretär setzt das von der Vollversammlung angenommene Programm um. Willem Visser‘t Hooft hat als erster dieses Amt bekleidet.
1948-1966, Willem Visser‘t Hooft (1900-1985)
Pastor Visser‘t Hooft, der auf der Gründungsversammlung 1938 zum Generalsekretär des entstehenden ÖRK ernannt worden war, wird auf der verfassungsgebenden Versammlung 1948 zum Generalsekretär des ÖRK gewählt. Mehrmals wiedergewählt, setzt er sich 1966 zur Ruhe. Auf der Versammlung in Uppsala 1968 wird er zum Ehrenpräsidenten des ÖRK gewählt.
Willem Visser‘t Hooft hat die Abteilungen des ÖRK in ihren Aufgaben bestärkt und bereichert. Er hat zahlreiche Überlegungen und Debatten rund um das Thema Kirchen und Gesellschaft entwickelt, indem er immer die ökumenische Forderung an die Grundformen der Kirche angeknüpft hat, wie sie sich im Laufe der Jahrhunderte angereichert haben.
1966-1972, Eugene Carson Blake (1906-1985)
Pastor Carson Blake ist Mitglied der presbyterialen Kirche der Vereinigten Staaten. Er war Vorsitzender des National Council of Churches. Dieser Freund Martin Luther Kings war, bevor er seine Verantwortlichkeiten im ÖRK übernommen hat, ein heftiger Verteidiger der Bürgerrechte. Im ÖRK trägt er zur Umsetzung des Programms Kampf gegen den Rassismus bei.
1972-1984, Philip A. Potter (1921-2015)
Pastor Philip Potter, geboren in der Dominikanischen Republik, ist Mitglied der methodistischen Kirche. Sehr aktiv in den Studentenkreisen, wird er Präsident des Christlichen Studentenweltbundes (1960-1968). In dieser Eigenschaft nimmt er an der Kommission Mission und Evangelisierung des ÖRK teil. Nach seiner Wahl zum Generalsekretär des ÖRK entwickelt er das Programm Kirchen und Gesellschaft weiter, dessen Leitlinien auf der Konferenz von Uppsala festgelegt wurden: die Kirchen zum Nachdenken bringen über die Wege hin zu einer „gerechten und lebenswerten, auf Teilhabe gegründeten Gesellschaft“.
Er spielt eine aktive Rolle im von Nelson Mandela und Bischof Desmond Tutu geführten Kampf gegen die Apartheid.
Unter seinem Mandat wird das Dokument Taufe, Eucharistie, Kommunion (BEM) herausgegeben. Es wurde von der Abteilung Glauben und Kirchenverfassung entworfen, in die 1975 Vertreter der katholischen Kirche eingetreten waren. Philip Potter hat immer eine grundlegende Einheit von Glauben, Zeugnis und Handeln unterstreichen wollen.
1985-1992, Emilio Castro (1927-2013)
Pastor Emilio Castro, in Uruguay geboren, ist Mitglied der methodistischen Kirche. Er hat in Basel bei Karl Barth Theologie studiert. Sehr früh arbeitet er im Rahmen des ÖRK und leitet 1973 die Kommission Mission und Evangelisierung. Dann wird er zum vierten Generalsekretär des ÖRK. Während seines Mandats stößt er das Projekt Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung an, eines der Arbeitsthemen der Versammlung von Canberra; er leitet Verfahren der Annäherung zwischen dem ÖRK und den Pfingstkirchen ein.
Den Vertretern der Theologie der Befreiung nahestehend, in offener Gegnerschaft zu den Diktaturen Lateinamerikas, hat Emilio Castro unaufhörlich nach günstigen Wegen für die Entwicklung der Schwellenländer gesucht und damit die Kritik der wirtschaftlich liberalen Kreise auf sich gezogen.
1993-2003, Konrad Raiser
Pastor Konrad Raiser wurde 1938 geboren. Als Lutheraner gehört er der Evangelischen Kirche in Deutschland an (EKD). Nach dem Theologiestudium in Deutschland und in den Vereinigten Staaten (Harvard) tritt er in den ÖRK ein und arbeitet in der Abteilung Glauben und Kirchenverfassung. Er wird zum Generalsekretär gewählt zu einem Zeitpunkt, wo die Organisation einige heftige Debatten erlebt: die Vertreter der orthodoxen Kirchen und die der Pfingstkirchen streiten über das Thema des Heiligen Geistes; die Auseinandersetzungen über die durch die wirtschaftliche Weltordnung aufgeworfenen Probleme sind heftig, die Kriege im Nahen Osten beunruhigend: „Was bedeutet es, in einem von Globalisierung und Gewalt bestimmten Kontext Kirche zu sein?“ fragt er im Zentralkomitee des ÖRK im Jahre 2002.
2004-2009, Samuel Kobia
Pastor Samuel Kobia wurde 1947 in Kenia geboren. Er gehört der methodistischen Kirche an. Nach dem Studium in Chicago und am MIT (Studium des Städtebaus) ist er sehr früh aktiv im Rahmen der ÖRK-Kommission Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung; er leitet eine Informationskampagne über den Sudan, seine geopolitischen Zweideutigkeiten, seine Leidensgeschichte. Er fordert die Kirchen auf, „ohne Unterlass an der Heilung der Welt und der Wiederherstellung der Menschenwürde zu arbeiten“. Manchmal wurde er für seine harte Haltung gegenüber dieser oder jener israelischen Regierung kritisiert und hat daher auf eine Erneuerung seines Mandats verzichtet.
Olav Fyske Tveit, seit 2010
Pastor Olav Fyske Tveit folgte ihm 2010 nach. Er wurde 1960 geboren und ist Mitglied der lutherischen Kirche Norwegens. Er hat an der Vollversammlung der Kommission Glauben und Kirchenverfassung des ÖRK teilgenommen und war Mitvorsitzender der engeren Gruppe des Ökumenischen Forums Palästina/Israel.
Dazugehörige Rundgänge
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Auf internationaler Bühne erscheinen Vorläufer der heutigen Ökumene Ende des 19. Jahrhunderts mit kirchlichen und Jugendbewegungen. Diese verbinden sich zu einer internationalen Bewegung, dem Christlichen Studentenweltbund. Die Weltmissionskonferenz der protestantischen...