Willem Adolph Visser‘t Hooft (1900-1985)
Willem Adolph Visser‘t Hooft ist eine große Persönlichkeit der ökumenischen Bewegung, die sich innerhalb der protestantischen und orthodoxen Kirchen im Laufe des 20. Jahrhunderts entwickelt hat. Nachdem er verschiedene verantwortungsvolle Ämter in den christlichen Jugendbewegungen bekleidet hat, wird er zum ersten Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen. Am Ende seiner Mandate 1966 wird er zum Ehrenpräsidenten des ÖRK gewählt.
Ausbildung und erstes Engagement
Willem Visser‘t Hooft wurde im Jahre 1900 in Haarlem (Niederlande) in einer Juristenfamilie geboren, die den remonstrantischen Protestanten anhing. Diese Gemeinschaft, der auch Rembrandt angehörte, hat sich besonders in den Niederlanden entwickelt nach einer denkwürdigen Debatte über den Sinn der Prädestination (1610). Sie verweigert jegliche fundamentalistische oder deterministische Auslegung der Bibel.
Nach einer klassischen Schulausbildung beginnt er ein Jurastudium, das er zugunsten der Theologie aufgibt. Er übernimmt Verantwortungsposten innerhalb dem Christlichen Verein Junger Menschen (UCJG) und zwar in dessen studentischem Zweig, dem Christlichen Studentenweltbund. In dieser Eigenschaft nimmt er an den internationalen Begegnungen teil, die aus den Beschlüssen der Konferenz von Edinburgh (1910) hervorgegangen sind: 1921 die Internationale Missionskonferenz (CIM); 1925 die Stockholmer Konferenz für Soziales Christentum; 1927 die Lausanner Konferenz Glauben und Kirchenverfassung. Diese behandelt eigentlich theologische und dogmatische Probleme. Sie alle bearbeiten Themen, die die Aufgaben der Kirche in einer sich schnell wandelnden Welt begründen, die seit dem Ersten Weltkrieg sehr unbeständig geworden ist. Er steht häufig in Verbindung zu John Mott, Ruth Rouse, Joseph H. Oldham, William Temple, Pierre Maury usw. Er entdeckt die Schriften Karl Barths und ihre theologischen Forderungen und bringt sie vielen anderen zur Kenntnis.
Im Jahre 1924 wird er zum Generalsekretär des Christlichen Vereins Junger Menschen ernannt und als Pfarrer eingesegnet. Im selben Jahr heiratet er Henriette Boddaert (1899-1968). Das Ehepaar lässt sich in Genf nieder und wird in Folge immer dort wohnen.
Henriette Boddaert und Willem Visser‘t Hooft haben drei Kinder.
Urheber des provisorischen Rates der Kirchen
Im Jahre 1932 gibt Willem Visser‘t Hooft die Ämter auf, die er im Rahmen des Christlichen Vereins Junger Menschen ausübte, um Generalsekretär des Christlichen Studentenweltbundes zu werden. Wie alle, die sich in den ökumenischen Instanzen engagiert haben, findet er sich einem schwierigen Handlungskontext ausgesetzt: die sozialen Folgen der Wirtschaftskrise von 1929 hinterlassen harte Spuren in der Arbeitswelt; der Aufstieg des Nationalsozialismus in Deutschland zeichnet sich ab. Im Jahre 1938 versammeln sich Protestanten und Mitglieder der orthodoxen Kirchen in Utrecht. Die Vertreter der Bewegungen Glauben und Kirchenverfassung und Soziales Christentum erarbeiten eine provisorische Verfassung des Ökumenischen Rates der Kirchen, der im Entstehen begriffenen Organisation, die von nun an die Kirchen in einer gemeinsamen Struktur verbinden soll. Willem Visser‘t Hooft wird als ihr Generaldirektor vorgesehen. Kurz darauf bricht der Krieg aus und es ist dringend notwendig, all denen Aufnahme und Hilfe zu gewähren, die aus Deutschland fliehen müssen. Was er mit einer Gruppe von Männern und Frauen unternimmt, von denen viele Laien sind. Gemeinsam unterstützen sie auch mit verschiedenen Mitteln und auf verschiedenen Wegen die Widerstandskräfte, die sich im Rahmen der Bekennenden Kirche in Deutschland und in den von den Nationalsozialisten besetzten Ländern formieren: in Frankreich ermutigt er die Thesen von Pomeyrol und nimmt an ihrer Abfassung teil. Sie denken über die Aufgaben und Initiativen nach, die der ÖRK nach der Wiederherstellung des Friedens unternehmen soll.
Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen
Nach dem Krieg muss der ÖRK dauerhafte und wirksame Strukturen bekommen, die dem Willen zu einer brüderlichen Vereinigung von protestantischen und anglikanischen Kirchen zum Leben verhelfen; Strukturen, die fähig sind, sich anderen Kirchen zu öffnen, besonders den orthodoxen. Willem Visser‘t Hooft widmet sich dieser Aufgabe zusammen mit verschiedenen Verantwortlichen, Geistlichen und Laien. Die römisch-katholische Kirche hingegen verweigert sich jeglicher Verbindung, da sie sich als den einzigen Ort der sichtbaren Einheit betrachtet.
Am Ende der verfassungsgebenden Versammlung, die 1948 in Amsterdam stattfindet, wird Willem Visser‘t Hooft zum Generalsekretär gewählt. Es entstehen danach Überlegungen und Arbeiten in der geteilten evangelischen Hoffnung, die Erde bewohnbarer zu machen (Ökumene). Zum konkreten Eingreifen kommt es in Situationen der Ungleichheit der Kräfte, die zu Ungerechtigkeit, Gewalt und Rassismus führen, besonders im Zusammenhang mit der Dekolonisierung. Auch auf dem Gebiet der Erziehung werden Maßnahmen in Angriff genommen.
Um diese Programme wirksam umsetzen zu können und für sie nützliche Netzwerke zu finden, vervielfacht Willem Visser‘t Hooft die Begegnungen und diplomatischen Aktionen. Eine Abteilung für internationale Angelegenheiten wird gegründet. Beziehungen zu anderen internationalen Organisationen, besonders der UNO, entwickeln sich. Und vor allem, in jener Zeit des Kalten Krieges, hält Willem Visser‘t Hooft die Beziehungen zu den Ostkirchen aufrecht auf der Grundlage gegenseitigen Zuhörens.
Zum Zeitpunkt des Zweiten Vatikanischen Konzils (1961) baut Willem Visser‘t Hooft vertrauliche Beziehungen zu Kardinal Bea auf (1881-1968) sowie zu seinem Landsmann Kardinal Willebrands (1909-2006), die beide verantwortlich sind für das von Johannes XXIII. gerade gegründete Sekretariat zur Förderung der Einheit der Christen.
Als er 1966 sein Amt verlässt, ist die Anzahl der Mitgliedskirchen des ÖRK von 147 auf 197 angestiegen. Zahlreiche Arbeitskreise sind geschaffen worden, besonders der für Beziehungen zwischen Kirchen und Gesellschaft, Verfasser des gleichnamigen Berichts.
Ehrenpräsident des ÖRK
Willem Visser‘t Hooft wird 1966 in Anerkennung seines bemerkenswerten Engagements in der ökumenischen Bewegung zum Ehrenpräsidenten des ÖRK gewählt. Bis zu seinem Tod 1985 wohnt er den Arbeitskreisen und Vollversammlungen der Organisation bei
Dazugehörige Rundgänge
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Auf internationaler Bühne erscheinen Vorläufer der heutigen Ökumene Ende des 19. Jahrhunderts mit kirchlichen und Jugendbewegungen. Diese verbinden sich zu einer internationalen Bewegung, dem Christlichen Studentenweltbund. Die Weltmissionskonferenz der protestantischen...