Verfolgung und Gefängnis
von Männern und Frauen,
die an einem reformierten Gottesdienst teilnehmen

Die Affäre der Rue du Faubourg Saint-Jacques

Paris, die Umgebung des Châtelet (genannt Plan von Basel um 1550) © SHPF
Geschichte der Verfolgungen und Märtyrer der Kirche von Paris © S.H.P.F.
Verhaftung eines Hugenotten Auszug aus den Massakern von Tours (Tortorel und Perrissin)

Am 4. September 1557 wurde eine Gebetsversammlung von vierhundert Gläubigen in einem Wohnhaus in der Rue du Faubourg Saint Jacques in Paris ausgemacht. Bevor die Miliz anrückte, konnten die meisten flüchten, aber über hundert wurden abgeführt und ins Châtelet-Gefängnis geworfen. Unter ihnen befanden sich zahlreiche adlige Damen.

Ein zeitgenössischer Chronist berichtet, was den Frauen angetan wurde : „durch Schläge erniedrigt… Haare ausgerissen“. Ihnen wurde vor allem vorgeworfen, „banketiert“ zu haben, das heißt, sich nicht so verhalten zu haben, wie es ihrer gesellschaftlichen Rolle als Frau entsprochen hätte.

Der in den Châtelet gerufene Kronanwalt hörte von den Gefangenen : „die Heilige Schrift wurde lange in der Volkssprache verlesen… der Pastor hat zu Gott gebetet und das wahre Wesen des Heiligen Abendmahls erklärt… alle haben das Brot und den Wein aus der Hand des Pastors erhalten… es wurde für den König und für das Gedeihen seines Reiches gebetet… Sobald sie hörten, dass ihre Häscher von ihrem Abendmahl als wie von etwas Abscheulichem sprachen, wollten sie auf keine Ermahnung mehr hören… eigentlich schon zum Tode verurteilt… ins Verließ geworfen.“ (Auszug aus der Histoire des persécutions et martyrs de l’Église de Paris – Geschichte der Verfolgungen und Märtyrer der Kirche von Paris -, Lyon, 1563)

Nach diesen Verhaftungen schrieb Calvin an die Pariser Gemeinde : „Sehr liebe Herren und Brüder, ich muss Euch nicht groß erklären, wie sehr uns die Nachricht Eures Unglücks traurig und verbittert gemacht hat. Aber wie es auch kommen mag, zweifelt niemals daran, dass unser Gott über Euch wacht. Ganz gewisslich hätte er nie erlaubt, dass so etwas geschieht, wenn es nicht seinem Großen Plan entsprechen würde. Ihr habt das Versprechen, dass dieser gute und treue Hirte, der uns in Seinen Schutz genommen hat, uns niemals im Stich lassen wird, möge die Grausamkeit unserer Feinde auch noch so maßlos sein.“

Der Brief Calvins an die "gefangenen Schwestern von Paris"

Grand Châtelet im 17. Jahrhundert

Calvin schreibt an die im Châtelet-Gefängnis eingesperrten und misshandelten Frauen, von denen zehn Adelsdamen später hingerichtet werden.

Er versichert die „sehr lieben Schwestern“ seines Mitleids und spricht ihnen Mut zu, um diese Prüfung zu bestehen : „Wenn schon der Mann zerbrechlich und leicht zu verwirren ist, so hat die Natur Euer Geschlecht mit einer noch größeren Empfindlichkeit bedacht. Aber Gott, der selbst die zartesten Vasen füllt, weiß auch dem Schwächsten unter den Seinen Seine Kraft zu beweisen. In Ihm suchet Eure Zuflucht, betet ständig zu Ihm und fleht Ihn an, er möge den unverderblichen Samen, den Er Euch eingepflanzt hat und durch den Er Euch in den Kreis Seiner Kinder aufgenommen hat, zu Keim und Frucht bringen und Euch Stärke geben, um aller Beklemmung und allem Gram zu trotzen.“

Reformation und Modernisierung

Die Kreuzigung von Raphael © National Gallery Londres

Die Worte Calvins zeigen deutlich, dass die Reformation neue Wertvorstellungen durchsetzte, indem sie die bis dahin geltende Unterscheidung von Laien und Klerikern und von Mann und Frau auflöste.

Die große Umwälzung begann mit der Einführung des Laienpriestertums.

Den Frauen brachte der Calvinismus neue Möglichkeiten der Selbstbestimmung und der persönlichen Entwicklung. Es ist sicher kein Zufall, dass sich sehr viele adlige Damen der Reformationsbewegung anschlossen.

Hier soll näher auf die Gleichheit der Geschlechter eingegangen werden, da alle Menschen gleichermaßen Geschöpfe Gottes sind : „Da es jedoch Gott gefallen hat, Euch ebenso zu Sich zu rufen wie die Männer (denn Er macht keinen Unterschied zwischen männlich und weiblich)… Er hat Seinen Geist über alles Fleisch ausgegossen und lässt Sein Wort durch Seine Söhne und Seine Töchter verkünden…“

Calvin weist mit Nachdruck darauf hin, dass alle Menschen vor Gott gleich sind : Groß und Klein, Mann und Frau, Reich und Arm.

Er bezieht sich dabei auf das Wort des Apostels Paulus : Hie ist kein Jude noch Grieche, hie ist kein Knecht noch Freier, hie ist kein Mann noch Weib ; denn ihr seid allzumal einer in Christo Jesu (Brief des Paulus an die Galater, Kapitel 3, Vers 28, in der Übersetzung Luthers).

Calvin führt auch mehrere biblische Beispiele von beherzten Frauen an, die „Tugend und Standhaftigkeit“ verkörpern, wie die treuen Frauen unter dem Kreuze Christi : „als Seine Jünger ihn verließen, waren sie es, die in herrlicher Beständigkeit bei Ihm ausharrten…“

Vorankommen in der Ausstellung

Dazugehörige Vermerke

Jean Calvin (1509-1564)

Eine Generation nach Luther gibt der Franzose Jean Calvin der Reformation eine neue Richtung : er erneuert die Kirchenordnung und die Glaubenslehre und bestimmt die Rolle der Kirche im Staat neu.