Pariser Kirchenbauten
des 17. Jahrhunderts, die während der Revolutionszeit zu reformierten Tempeln

Tempel des Oratoire du Louvre (rue Saint-Honoré)

Paris, Kirche des Oratoire des Louvre © Collection privée

1611 stiftete Pater de Bérulle in Paris die französische Sektion der Oratorianer (ein Zusammenschluß von Weltgeistlichen ohne besonderes Gelübde) und nahm den Bau der Kapelle des Oratoire du Louvre [Bethaus des Louvre] in Angriff.

Die Pläne wurden von Jacques Lemercier (1585-1654) gefertigt. Der Grundstein wurde am 22. September 1621 gelegt. Da Ludwig XIII. einen „großen Wurf“ im Auge hatte, der unter anderem vorsah, einen Flügel des Louvre bis zur Rue Saint-Honoré zu verlängern, mußte die Kapelle den (später wieder fallengelassenen) Plänen entsprechend in der Rue de l’Oratoire auf schrägem Grundriß errichtet werden. 1625 wurden die Bauarbeiten unterbrochen und erst nach zehn Jahren wieder aufgenommen.

Die Trauerfeiern für den Kardinal Richelieu (1642) und für Ludwig XIII. (1643) wurden in dieser Kapelle abgehalten, wie auch 1666 diejenige für Anna von Österreich, der Mutter Ludwigs XIV.

Erst 1740 wurde das Kirchenschiff fertiggestellt. Das große vergoldete Portal wurde 1745 angebracht. 1793 wurde die Kirche geplündert und verwüstet. Sie diente danach als Vortrags- und Lesesaal und schließlich als Lagerhalle für Theaterkulissen der Comédie Française.

1811 stellte Napoleon I. die Oratorianerkirche der reformierten Gemeinde von Paris als Kultstätte zur Verfügung.

Der Innenraum des Gebäudes wurde für den protestantischen Gottesdienst völlig umgestaltet. Die Holztäfelungen stammen aus der ehemaligen Kirche Saint-Louis du Louvre, in der die Protestanten von 1790 bis zu ihrem Abriß im Jahre 1811 ihren Gottesdienst abgehalten hatten.

Der erste Pastor des Oratoire-Tempels war Paul-Henri Marron (1754-1832), ein ehemaliger Kaplan der holländischen Botschaft. Das Oratoire du Louvre ist der größte reformierte Tempel von Paris.

Der Tempel Sainte-Marie (rue Saint-Antoine)

Paris, Kirche Sankt-Maria © Collection privée

Diese ehemalige Stiftskapelle der Visitantinnen (oder Salesianerinnen) wurde von François Mansart zwischen 1632 und 1634 erbaut. Die geistliche Führung dieses nach der Augustinerregel verfaßten Damenstiftes „von der Heimsuchung Mariens“, der sich der Erziehung der weiblichen Jugend verschrieben hatte, wurde achtundzwanzig Jahre lang von Saint Vincent de Paul wahrgenommen.

1790 wurde das Stiftsgebäude samt seiner Kapelle zum Besitz der französischen Nation [bien national] erklärt. Die Kapelle wurde ausgeräumt und diente zunächst als Lagerraum für die beschlagnahmten Bücher der Emigranten. Die Visitantinnen mußten den Stift 1792 verlassen. In der Kapelle versammelten sich die „Gesetzesfreunde“ [Amis des Lois] und der revolutionäre Klub von Théroigne de Méricourt. 1796 wurde der Gebäudekomplex verkauft und später mit Ausnahme der Kapelle abgerissen. Am 1. Mai 1803 übergab Bonaparte sie der reformierten Gemeinde als Kultstätte.

Ein kurioses Andenken an die Revolutionszeit ist die über einer Tür angebrachte Jakobinermütze [bonnet phrygien]. Die Wappen der Coulanges, der einstigen Wohltäter der Visitantinnen, sind noch in einer Seitenkapelle zu sehen.

Im Untergeschoß des Tempels befindet sich eine sehr schöne gewölbte Krypta. 1830 wurde dort die Trauerfeier für Benjamin Constant, dem Freund von Germaine de Staël, in einem Staatsakt begangen.

Der Tempel Sainte-Marie wird auch Temple de la Paroisse du Marais (Tempel der Marais-Gemeinde) genannt.

Bibliographie

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