Die Taufe bei den Protestanten:
Reformierte, Lutheraner
und evangelische Baptisten

Die Taufe und das Abendmahl sind die beiden vom Protestantismus anerkannten und praktizierten Sakramente. Die Taufe bedeutet die Vereinigung der Christen beim Tod und der Auferstehung Christi. Sie bezeugt die Vergebung. Sie integriert den Getauften in die Kirche. Sie verkündet den Heiligen Geist und wird im Namen Jesu Christi praktiziert.

Ursprung der Taufe

Etymologisch stammt der Begriff „Taufe“ vom Griechischen „baptizein“ und bedeutet tauchen, eintauchen. Wenn sie auch zu Zeiten Jesu im ersten Jahrhundert intensiv praktiziert wurde, ist für gewisse Religionen ein früheres Datum anzusetzen. Beispielsweise war ein ähnlicher Brauch bereits bei gewissen Strömungen des Judentums als Mittel der rituellen Reinigung zur Aufnahme neuer Mitglieder bekannt. Später, im ersten Jahrhundert, spendete sie Johannes der Täufer zum Zeichen der Vergebung. Seit dem Ursprung des Christentums gehört die Praxis der Taufe zu den Merkmalen der christlichen Kirchen, als Antwort auf das Gebot Jesu Christi nach dem Matthäusevangelium 28.19-20: „Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes…“

Bedeutung der Taufe

Die Taufe wird als eines der beiden von den Hauptzweigen des Protestantismus anerkannten Sakramente betrachtet, das andere ist das Abendmahl (oder Kommunion). Für die Reformatoren ist das Sakrament ein Zeichen der Gnade Gottes und eine von Gott dem Gläubigen zur Erhaltung seines Glaubens angebotene Hilfe. Sie ist das Symbol eines Bündnisses zwischen Gott und Menschen. Somit wird die Taufe als Einheit der Christen beim Tod und der Auferstehung Jesu Christi laut Römerbrief des Paulus 6.4 definiert: „So sind wir ja mit ihm begraben durch die Taufe in den Tod, auf dass, gleichwie Christus ist auferweckt von den Toten durch die Herrlichkeit des Vaters, also sollen auch wir in einem neuen Leben wandeln.“

Andererseits ist die Taufe das sichtbare Zeichen einer unsichtbaren Gnade. Die Gnade, so wie sie die Taufe versteht, ist die Geburt des Getauften in ein neues Leben und sein Eintritt in ein neues Bündnis zwischen Gott und den Menschen. Außerdem ist sie ein Zeichen, das die geistlichen Dinge gemäß den folgenden Punkten konkretisiert, und uns hilft sie wahrzunehmen:

  • Die Taufe ist das Zeichen der Geistesgabe, ohne die es kein neues Leben gibt. In der Tat „bedeutet Christ zu sein, den Geist empfangen zu haben, der aus uns Gotteskinder macht“. Gemäß dem Versprechen des Herrn nach Johannesevangelium 7.36-38 wohnt der Heilige Geist dem Gläubigen inne und gibt ihm Zuversicht hinsichtlich seiner Annahme als Kind Gottes, ihn zum Führen eines neuen Lebens befähigend.
  • Die Taufe ist ebenfalls Zeichen des Eintritts des Christen in die Kirche. Gott vereinigt ihn mit all denjenigen, die, ohne Unterschied der Rasse, des Geschlechts, der sozialen Stellung, sein Volk auf Erden bilden. Als Symbol für diesen Eintritt in die Gemeinschaft der Gläubigen nehmen Pastoren vieler reformierter Kirchen das Kind während der Taufe innerhalb eines Gottesdienstes nach Spenden der Taufe, und nachdem die Eltern die Verpflichtungen eingegangen sind, in die Arme und präsentieren es den Gemeindemitgliedern.
  • Die Taufe ist mit der Bekehrung verbunden. Das Werk Jesu Christi ist nicht automatisch. Es ist ein Aufruf an uns und erwartet eine Veränderung unseres Verhaltens. Die Taufe ist das Kennzeichen eines neuen Lebens, das unter dem Zeichen der Liebe zu Gott und dem Nächsten gelebt wird.
  • Die Taufe bezeugt uns die Vergebung der Sünden.

Darüber hinaus lässt sich die Taufe als „eine göttliche Verordnung“ definieren, durch die uns Gott in sein Königreich aufnimmt und uns mitten in sein Volk setzt. Sie ist ein öffentlicher Ausdruck des Bündnisses zu Gott und ruft uns zu seinem Dienst in der Welt auf. Sie hat die Funktion eines Zeugnisses und ermöglicht, was Gott uns gibt und was er in uns wirkt, nach außen zu tragen. Indem wir die Taufe empfangen, bekennen wir vor der Glaubensgemeinschaft und der Welt, was Gott für uns ist, und erklären unser Engagement im Dienste des Evangeliums.

Die Taufpraxis

Im Protestantismus ist die Taufe ein Ritus des Eintritts, des Empfangs im Leben und der kirchlichen Gemeinschaft. Sie gehört zu den sogenannten Übergangsriten, die die Zeremonien bezeichnen, die den Übergang von einem Zustand, einer Lage oder einem Status in einen anderen kennzeichnen.

Somit wird die Taufe durch einen ordinierten Pastor oder einen hierfür bevollmächtigten Laien gefeiert. In allen Traditionen erfolgt die Taufe mit Wasser. Wasser ist das Symbol der Reinheit und des Lebens, aber auch Symbol für den Tod in Anlehnung an mit Überschwemmung und Ertrinken verbundene Katastrophen. Diese Zweideutigkeit ist in der Symbolik der Taufe präsent: Der Getaufte „stirbt” gegenüber all dem, was in seinem Leben todbringend ist, um in ein neues Leben in Jesus Christus hineingeboren zu werden.

Dabei sind verschiedene Arten der Praxis zu unterscheiden. Bei der lutherischen und reformierten Tradition kann die Taufe nach den folgenden drei Arten erfolgen: entweder durch Untertauchen, durch Begießen (wobei Wasser über den Kopf des Gläubigen gegossen wird) oder durch Besprengung (einige Wassertropfen werden symbolisch auf den Kopf des Getauften gegossen). Im Allgemeinen jedoch bevorzugen diese beiden Traditionen die Taufe durch Besprengung, während in der evangelischen Tradition die Taufe ausschließlich per Untertauchen erfolgt, d. h. der Getaufte wird vollständig ins Wasser getaucht.

Tatsächlich erklärt sich dieser Unterschied durch die Merkmale der entsprechenden Ausprägung jeder Kirche. Die sich dem Volk zuwendenden lutherisch-reformierten Strömungen praktizieren die sogenannte Bekenntnistaufe. Hier steht die allen angebotene göttliche Gnade im Vordergrund. Hieraus erklärt sich die Kindertaufe. Bei den Evangelikalen, in den sogenannten Bekennerkirchen, geht es in erster Linie jedoch eher um das persönliche Engagement des Gläubigen.

Das Alter des Getauften

Prinzipiell führt die Kinder taufende reformierte sowie lutherische Kirche die Taufe aller Kinder durch, deren Eltern dieses Sakrament wünschen. Aber es werden nicht alle Jugendlichen, die den Konfirmationsunterricht besuchen, getauft: In vielen Fällen bekunden sie den Taufwunsch im Alter von 16 Jahren, zu dem Zeitpunkt, wo die anderen die Möglichkeit haben, ihre Taufe zu bestätigen. Und schließlich kommt es vor, dass Erwachsene, die einen neuen Weg des Glaubens entdecken, den Wunsch zur Taufe bekunden. Eine Altersgrenze zum Erleben dieses Sakraments gibt es nicht.

In den baptistischen Kirchen hingegen, wo der Glaube des zu Taufenden unerlässliche Voraussetzung für dieses Sakrament ist, tauft man Kinder nicht, die zu jung sind, um ihren Glauben bekennen zu können. Aus diesem Grund besteht eine komplexe Lage zwischen den verschiedenen Strömungen. Während die lutherisch-reformierten Strömungen die in einer baptistischen Kirche durchgeführte Taufe anerkennen, erkennen die Baptisten die Taufe kleiner Kinder nicht an, wobei die derzeitigen Dialoge allerdings zu einer gewissen Toleranz innerhalb der verschiedenen Kirchen tendieren. Andererseits wird die Taufe unter den Lutheranern einerseits und den Reformierten andererseits sowie den Katholiken gegenseitig anerkannt. Das Ergebnis des ökumenischen Dialogs hat die gegenseitige Akzeptanz ermöglicht.

Somit können wir sagen, dass der Protestantismus trotz einer gewissen Divergenz bei der Kindertaufe dasselbe Verständnis hinsichtlich des Taufsakraments besitzt. Reformierte, Lutheraner und Baptisten sind sich darüber einig, dass die Taufe das sichtbare Zeichen einer unsichtbaren Gnade ist, dass sie das Symbol der Gemeinschaft durch den Tod und die Auferstehung Jesu Christi sowie das Instrument ist, dessen sich der Geist Gottes bedient, um das neue Leben zu geben, welches den Sünder zum Kind Gottes macht.

Autor: Ernst Brice (Pasteur de la FEEB)